Seit mehr als elfeinhalb Jahren schreibe ich hier im Blog Kaffeehaussitzer über Bücher, Literatur und Leseerlebnisse. In dieser Zeit ist der Blog zu einem festen Teil meines Lebens und zu einem virtuellen Zuhause geworden. Wobei die virtuelle und die »reale« Welt sich durch das Bloggen so eng miteinander verzahnt haben, dass diese Unterscheidung nicht mehr notwendig ist. Ein Zuhause also. Eines, das stets für Besucher offen steht. Und in diesem Zuhause sind einige hundert Texte zusammengekommen. Ein paar davon habe ich hier zusammengestellt – als Einladung, um durch die vergangenen Jahre zu stromern und sich auf eine kleine Zeitreise zu begeben. Wer also mag: Viel Spaß beim Flanieren durch eine Blog-Dekade.
Der Text »Wo ich Bücher kaufe. Und wo nicht« stammt aus dem Jahr 2013 und ist einer der meistgelesenen im Blog. Versammelt sind darin eine ziemliche Menge an Argumenten, warum man seine Bücher nicht beim Gemischtwarenhändler aus Seattle bestellen sollte.
Sobald irgendwo im TV »James Bond: Skyfall« läuft, merke ich das unmittelbar. Denn dann wird nach einem Gedicht gegoogelt, das Judi Dench rezitiert und die Klickzahlen eines Blogbeitrags steigen rasant, in dem es genau darum geht.
»Am Anfang war das Wort« ist der Titel eines Textes, in dem ich mich daran erinnere, wie mir als Kind vorgelesen wurde, wie viel mir das bedeutet hat – und wie sehr ich enttäuscht war, als ich selbst lesen konnte und ein ganz bestimmter Effekt nicht eintrat.
Seit zehn Jahren ist der Text über Bertolt Brechts »Geschichten vom Herrn Keuner« permanent in den Top-Ten der Beiträge. Warum? Wenn ich das wüsste …
Seit 2014 gibt es im Blog eine Weihnachtsgeschichte. Die zentrale Rolle spielt darin die deutsche Erstausgabe des Romans »Manhattan Transfer« von John Dos Passos.
Seit 1995 hängt an meinem Bücherregal eine getrocknete Rose. Aber nicht irgendeine, sondern meine Buchhändler-Rose. In einem Blogbeitrag erzähle ich, was es damit auf sich hat.
Manchmal gibt es Bücher, in denen genau die Gedanken stehen, für die man selbst schon so lange die richtigen Worte gesucht, aber nie gefunden hat. Das ist ein überwältigendes Gefühl. Und genau darum geht es in der Buchvorstellung des Romans »An den Rändern der Welt« von Olivier Adam.
Es ist schon lange her und es fühlt sich unwirklich an, aber es gab eine Zeit, in der ich fast vollständig das Interesse an Büchern und dem Lesen verloren hatte. Zwei Romane von T. C. Boyle sind eng verbunden mit dem Weg zurück ins Leseleben.
Unvergessen ist ein Spaziergang mit Volker Kutscher durch den Kölner Stadtteil Klettenberg, dem Herkunftsort seines Romanhelden Gereon Rath. Herausgekommen ist dabei ein Interview, in dem er zu dem zeitlosen Fazit kommt: »Unsere Demokratie muss die Fäuste oben halten.«
Es muss in einem Literaturblog nicht immer um Bücher gehen. Manchmal kann die kurze Zeile eines Songtextes einem wichtiger sein, als ein 1000seitiges Buch. Und um das Bügeln geht es in diesem Blogbeitrag ebenfalls.
Auf der Frankfurter Buchmesse 2017 haben drei rechte Kleinverlage die gesamte Medienlandschaft genutzt, um mit mindestmöglichem Aufwand größtmögliche Aufmerksamkeit zu erzielen. Im Beitrag »Provokation als Geschäftsmodell« geht es um diesen Eklat. Und um die Frage des Umgangs damit.
Im März 2018 war ich Mitorganisator der ersten Leipziger Wohnzimmerlesung und hatte die große Freude, ein Gespräch mit Mareike Fallwickl zu führen, deren erster Roman »Dunkelgrün, fast schwarz« gerade erschienen war.
2018 war das Jahr, in der ich Teil der Jury des Deutschen Buchpreises sein durfte – eine großartige Erfahrung. Als alles zu Ende und der Preis vergeben war, entstand der Text »Buchpreis-Blues«.
Ebenfalls 2018 hatte ich es endlich geschafft, zum ersten Mal meinen Sehnsuchtsort schlechthin zu besuchen – New York, die Stadt der Geschichten.
Als ich im Februar 2019 fünfzig Jahre alt wurde, war dies ein Anlass darüber nachzudenken, welches die prägenden Bücher meines bisherigen Lebens waren. Auf 15 Titel bin ich gekommen und stelle sie im Beitrag »Die Bücher meines Lebens« vor.
Immer wieder einmal wird nach dem großen Roman zum Thema Klimawandel und Klimakatastrophe gefragt. Dabei gibt es ihn meiner Meinung nach schon längst, es ist »Die Mauer« von John Lanchester. Mit einem der besten ersten Sätze, die ich kenne.
Ein zentraler Teil des Blogs sind die Leseprojekte. Darin stelle ich Literatur zu Themen zusammen, mit denen ich mich näher befassen möchte. Besonders wichtig ist mir angesichts des Antisemitismus, der momentan wie Schlamm aus allen Ritzen zu quillen scheint, das Leseprojekt »Das Unerzählbare«, in dem es um den Holocaust geht. Ergänzend dazu hat mir Jugendbuchautorin Ute Wegmann eine Titelliste speziell für junge Leserinnen und Leser zur Verfügung gestellt.
Mit »Eigentlich wollte ich nur über Bücher bloggen« ist ein Beitrag aus dem Jahr 2019 überschrieben. Als der Blog startete, konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, was sich alles daraus ergeben würde. Zum Beispiel beim Orga-Team der 1. Kölner Literaturnacht mitzuarbeiten; 137 Veranstaltungstermine, 42 Orte, 1 Ticket für alles. War anstrengend. Und hat großen Spaß gemacht.
Viele Menschen, die Bücher lieben, haben ein paar Marotten im Umgang mit ihnen. Meine ganz persönlichen habe ich in einem Blogbeitrag aufgeschrieben.
Es gibt Bücher, bei denen ich all diejenigen beneide, die sie noch zum ersten Mal lesen dürfen; die diese großartigen Lektüren noch vor sich haben. Dazu gehören »Der Distelfink« von Donna Tartt, »Max, Mischa & die Tet-Offensive« von Johan Harstad, die Tudor-Trilogie von Hilary Mantel oder »Gesammelte Werke« von Lydia Sandgren. Literatur, die bleibt.
Bücher sind nie einfach nur gedruckte Texte, sie sind Objekte der Zeit, in der sie veröffentlicht wurden, sind Zeugen der Geschichte, überdaueren ihre ursprünglichen Besitzer und gerade ihre Gegenständlichkeit macht sie zu etwas Besonderem. Ein paar alte Schätzchen habe ich für eine Vorstellungsrunde aus dem Regal gezogen.
Im Beitrag »Mit Goethe im R4« wird der wunderschöne Band des Photographen Helmut Schlaiß besprochen, der auf Goethes Spuren durch Italien reiste. Und dabei versuchte, die Orte von dessen Reisebericht möglichst so einzufangen, wie er sie gesehen haben könnte. Den Text habe ich im März 2020 geschrieben, als die Corona-Pandemie besonders in Italien heftigst wütete. Es war nicht einfach, die richtigen Worte zu finden.
Wenige Wochen später, im April 2020, entstand der Blogbeitrag »Über Literatur reden? Unbedingt!«, der sich mit den Folgen des ersten großen Lockdowns auf den Kultur- und besonders den Literaturbetrieb beschäftigte.
Das Buch »Zuhause« von Daniel Schreiber sorgte für die wohl emotionalste Lektüre meines Lebens: Ich las es im Zug, auf dem Rückweg nach dem Ausräumen des Elternhauses. Entstanden ist daraus der Blogbeitrag »Zuhause: Ort oder Gefühl?«.
Als 2021 der Roman »Mädchen, Frau etc.« von Bernadine Evaristo erschien, hielt ich es aufgrund der Ankündigungen für eine Art identitätspolitisches Manifest und packte es daher sofort auf meine gedankliche Möchte-ich-nicht-lesen-Liste. Zum Glück sprach ich mit einer der Buchhändlerinnen meines Vertrauens darüber, sonst wäre mir ein großartiges Buch entgangen. Sie lieh mir sogar ihr persönliches Leseexemplar aus. Und in der gleichen Buchhandlung gab es kurz darauf ein Kaffeehaussitzer-Schaufenster – eine schöne gemeinsame Aktion.
Bei der Eröffnung des 21. Internationalen Literaturfestivals in Berlin hielt Leïla Slimani im September 2021 eine Rede über »Cancel Culture«. Und zwar über jene mörderische »Cancel Culture«, die es tatsächlich gibt.
Die letzten beiden Sätze in Sven Regeners Roman »Herr Lehmann« sind für mich die perfekte Lebensphilosophie schlechthin und das Buch begleitet mich schon seit über zwanzig Jahren. Zusammen mit den anderen Bänden hat der Autor ein regelrechtes Lehmann-Universum geschaffen, das im Blogbeitrag »Eine Feier der Planlosigkeit« vorgestellt wird. Mit einer kleinen Überraschung am Ende.
Lange habe ich gedacht, dass ich keinen Zugang zur Lyrik finde. Und dann kommen sechs Zeilen eines Gedichts von Etel Adnan um die Ecke und ziehen mir den Teppich unter den Füßen weg.
Der 24. Februar 2022 hat die Welt verändert. Im Blogbeitrag »Remarque und ein staatlich geprüftes Gewissen« geht es darum, wie richtig es sich in den Achtzigern anfühlte, den Wehrdienst zu verweigern. Wie sich dies mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine mit einem Schlag erledigt hat. Und wie wichtig es ist, die Ukraine mit allem, was wir haben zu unterstützen. Passend dazu die Besprechung des Buches »Roter Hunger« von Anne Applebaum über die von Stalin bewusst herbeigeführte Hungersnot in der Ukraine, um den Widerstand gegen die Zwangskollektivierung zu brechen. Neben den darin geschilderten Ereignissen vermittelt das Werk das nötige historische Hintergrundwissen, mit dem der aktuelle Krieg betrachtet werden muss. Um zu verstehen, dass der russische Despot Wladimir Putin nie Ruhe geben wird und dass Verhandlungen niemals einen dauerhaften Frieden schaffen werden.
Im Blogbeitrag »Das Verschwinden der Leichtigkeit« denke ich an jene kurze Zeit zu Beginn der Neunzigerjahre zurück, als wir das Gefühl hatten, alles würde sich zum Besseren wenden. Und alles sei möglich. Auslöser für diesen Text war ein Buch aus dem Taschen-Verlag mit den Bauplänen des Eiffelturms.
Eine der bemerkenswertesten Veröffentlichungen der letzten Jahre ist die von Sandra Kegel herausgegebene Anthologie »Prosaische Passionen«. Der Untertitel sagt, worum es geht: »Die weibliche Moderne in 101 Short Stories«. Es ist außerordentlich spannend, sich durch dieses Werk zu lesen, das eindrucksvoll zeigt, wie weiblich geprägt die Literatur zwischen dem Ende des 19. und der Mitte des 20. Jahrhunderts war – auf der ganzen Welt. In einem Lesejournal stelle ich die 101 Texte nach und nach einzeln vor.
Im Januar 2023 las ich die vier Barcelona-Romane von Carlos Ruiz Zafón direkt hintereinander. Die zweitausendfünfhundertachtzig Seiten waren eine spannende, eine großartige Leseerfahrung, die mich tief hineingezogen hat in Zafóns Welt.
Im Herbst 2023 veröffentlichte die ZEIT unter dem plakativen Titel »Die 100 besten Bücher« die aktualisierte Zusammenstellung der »ZEIT-Bibliothek der Weltliteratur«, deren erste Fassung aus dem Jahr 1980 stammt. Ich bin die 100 Bücher durchgegangen, habe sie mit meinem eigenen Leserleben abgeglichen und darüber im Blog geschrieben.
Der Autor Kai Meyer hat in seinem Roman »Die Bücher, der Junge und die Nacht« das längst verschwundene Graphische Viertel in Leipzig wiederauferstehen lassen. Seit vielen Jahren interessiert mich dieser Stadtteil und so war es an ganz besonderes Vergnügen, mit ihm bei unserer Leipziger Wohnzimmerlesung 2024 darüber zu reden.
2024 ist das Kafka-Jahr gewesen; es jährte sich der Todestag dieses Ausnahmedichters zum hundertsten Mal. Auch hier im Blog spiegelte sich dies wieder, unter der Rubrik Kaffeehaussitzers Kafka-Jahr sind enige Texte zusammengekommen. Aber da für mich jedes Jahr Kafka-Jahr ist, habe ich beschlossen, dieses Leseprojekt einfach weiterzuführen.
Ich hoffe, es waren ein paar Leseanregungen dabei. Und wie immer schließe ich den Beitrag mit einem Hashtag, der mir sehr am Herzen liegt.
#SupportYourLocalBookstore
Lieber Uwe,
vielen Dank für den wunderbaren Spaziergang durch die Blog-Dekade. Mein Gott, wie die Zeit vergeht. Ich kann mich an viele Beiträge noch so gut erinnern, als hätte ich sie erst gestern gelesen.
Dass du den Blog nach so langer Zeit mittlerweile als dein Zuhause ansiehst, kann ich gut nachvollziehen. Durch deine interessanten Beiträge fühle ich mich immer sehr herzlich eingeladen. Da du eben nicht nur aktuelle Neuerscheinungen besprichst, sondern häufig auch Bücher, deren Lektüre eben einige Zeit warten musste, bis der richtige Moment da war, hebt sich dein Blog sehr wohltuend von den vielen anderen Literatur-Blogs ab. Es gefällt mir auch sehr, dass du deine Leseerfahrungen im Allgemeinen mit uns Leserinnen teilst und in schwierigen Situationen immer eine gute Lese-Empfehlung für uns bereit hältst.
Ich wünsche dir ein glückliches und gesundes neues Jahr. Möge es gut zu uns sein und dich zu vielen neuen Beiträgen inspirieren.
LG, Petra
Hallo Uwe,
vielen Dank für die spannende Liste. Die Bücher Deines Lebens habe ich schon im nächsten Tab geöffnet und bin sehr gespannt auf Deine Auswahl.
Es freut mich sehr, dass sich Durch das Bloggen über Bücher bei Dir so viele coole und spannende Türen geöffnet haben. Ich kann mich noch gut an Deinen Artikel erinnern, in dem Du von der Juryarbeit für den Buchpreis geschrieben hast. Es hat mich damals total gefreut, dass Du als Gewinner des Buchblog Awards eingeladen wurdest, am Buchpreis mitzuwirken. (Schade, dass es den Buchblog Award inzwischen nicht mehr gibt. Der Preis war zwar noch ausbaufähig, die Idee an sich hat mir aber sehr gut gefallen).
Dass es eine Zeit gab, in der Du sehr wenig gelesen hast, kann ich mir bei Dir kaum vorstellen. Deswegen bin ich froh, dass Du die Liebe zum Lesen und zu guten Büchern wiedergefunden hast.
Ich wünsche Dir ein frohes, neues Jahr und hoffe, dass 2025 viele spannende Bücher für Dich bereithält.
viele Grüße
Emma
Oh – ich habe sie noch lange nicht alle gelesen oder kommentiert, die Beiträge, die Du hier erwähnt hast.
Vielen Dank für diesen wunderbaren Spaziergang durch Deinen Blog. Eigentlich dachte ich bis heute früh, dass ich schon ziemlich viele Deiner Beiträge kenne, lese ich doch schon seit Jahren mit. Aber irgenwie waren und sind da doch noch so viele Entdeckungen. Sehr toll!
Komm gut ins Neue Jahr und schreib schön weiter!
(Und ich bin froh, dass Du in irgendeiner Form die Netzrückblick-Kolumne weiterführen wirst. Ich bin gespannt. Lese sie nämlich immer sehr interessiert.)
Guten Abend,
Ich freue mich auf den Blog.
Lesende Grüße
Elke
Guten Tag, Herr Kalkowski, nur stille Bewunderung reicht vielleicht nicht für allen Honig, den Sie mich als Bücherfreund mit immer weniger Möglichkeiten (ich bin 88 Jahr alt) am kulturellen Leben teilzunehmen, so mundgerecht schlecken lassen. Voller Bewunderung für Ihre Arbeit danke ich Ihnen herzlich, grüße Sie freundlich und wünsche Ihnen einen zuversichtlichen Blick auf Ihr nächstes Blog-Jahr 2025.
Lieber Herr Kröger, vielen Dank für dieses schöne Lob, das mich sehr gefreut hat.
Herzliche Grüße und auch Ihnen alles Gute für das kommende Jahr 2025