»Ihr seid nicht ohne Wurzeln« – Interview mit Sandra Kegel über die Literatur der weiblichen Moderne

Prosaische Passionen - 101 Short Stories der weiblichen Moderne: Interview mit Sandra Kegel

Im Kölner Literaturhaus war die Literaturkritikerin Sandra Kegel zu Gast, Feuilletonchefin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Sie stellte die von ihr herausgegebene Anthologie »Prosaische Passionen« vor – ein grandioses Werk, das 101 Short Stories der literarischen Moderne aus den Federn von 101 Autorinnen enthält. Und damit ein Stück Literaturgeschichte neu- und wiederentdeckt, denn zahlreiche der enthaltenen Texte wurden der Vergessenheit entrissen oder erscheinen zum ersten Mal in deutscher Sprache: Der Band ist eine literarische Zeit- und Erkundungsreise, die es so zuvor noch nicht gegeben hat. Die zeigt, wie weiblich geprägt die literarische Moderne in Wahrheit war – und zwar global gesehen: Die Texte stammen aus über fünfzig Ländern und aus fünfundzwanzig Originalsprachen.

Hier im Blog stelle ich in einem Lesejournal sämtliche 101 Short Stories nach und nach vor, das Buch begleitet mich schon seit Wochen und Monaten. Der Abend im Literaturhaus unterstrich noch einmal die immense Bedeutung dieser Anthologie; im Gespräch mit Moderatorin Sabine Küchler erläuterte Sandra Kegel eindrucksvoll die Modernität und Aktualität der Texte, die zum Teil vor über einem Jahrhundert geschrieben wurden. Die drei von Schauspielerin Ines Marie Westernströer gelesenen Short Stories belegten dies auf eine anschauliche Weise. Es waren »Die Geschichte einer Stunde« von Kate Chopin (Lesejournal Tag 22), »Der rosa Hut« von Caroline Bond Day (Lesejournal Tag 27) und »Sultanas Traum« von Rokeya Sakhawat Hossain (Lesejournal Tag 20). Und anlässlich ihres Besuches in Köln hatte ich die Gelegenheit, Sandra Kegel zu ihrem Buchprojekt zu befragen. „»Ihr seid nicht ohne Wurzeln« – Interview mit Sandra Kegel über die Literatur der weiblichen Moderne“ weiterlesen

101 Texte. 101 Tage. Ein Leseprojekt.

Sandra Kegel (Hg.): Prosaische Passionen

Es gibt einen Buchmessetermin, auf den ich mich jedes Mal sehr freue: Beim Bloggertreffen mit Manesse-Verleger Horst Lauinger gibt es stets besondere Bücher zu entdecken. Denn die Titel aus dem Manesse Verlag sind nicht nur bibliophile Schmuckstücke, nicht einfach nur Klassiker in neuem Gewand, sondern oftmals verlegerische Projekte, die neue Aspekte bereits bekannter Autorinnen und Autoren zeigen, aber auch immer wieder ganze Epochen literarisch neu erschließen. Schöne Beispiele sind etwa der Band über die Apokalypse als Literatur, die Zusammenstellung aus den Tagebüchern von Alexander von Humboldt als »Buch der Begegnungen«, die aufwendige Prachtausgabe der Göttlichen Komödie anlässlich des 700. Todestags von Dante Alighieri oder der großartige Sammelband »Über den Feldern« mit literarischen Texten rund um den Ersten Weltkrieg. In diesem Herbst allerdings wurde bei dem Messetermin ein Buch vorgestellt, das aus all den spektakulären Projekten noch einmal heraussticht – es ist ein editorisches Meisterwerk. »Prosaische Passionen« lautet der Titel, Herausgeberin ist die Literaturkritikerin und FAZ-Feuilletonchefin Sandra Kegel

»Prosaische Passionen« muss als ein Meilenstein gelten, denn diese Anthologie erschließt die Epoche der literarischen Moderne neu und fügt ihr entscheidende Stimmen hinzu, die bisher für eine Gesamtbetrachtung gefehlt haben. Die weiblichen Stimmen. Und daher lautet der Untertitel dieses 900-Seiten-Bandes: »Die weibliche Moderne in 101 Short Stories«. „101 Texte. 101 Tage. Ein Leseprojekt.“ weiterlesen

Trostlosigkeit, in Worte gemeißelt

Laurie Lee: Ein Moment des Krieges

Der Roman »Ein Moment des Krieges« von Laurie Lee ist eines dieser Bücher, die vor vielen Jahren bei mir eingezogen sind und seitdem darauf warteten gelesen, oder vielmehr: entdeckt zu werden. Ich weiß nicht mehr, wo und wann ich es erworben habe; ich kann mich vage daran erinnern, dass ich die Inhaltsbeschreibung interessant fand und dass mir der erste Satz gefallen hat: »lm Dezember 1937 überquerte ich von Frankreich aus die Pyrenäen – zwei Tage zu Fuß durch den Schnee.« Vor einiger Zeit fand es Aufnahme in mein Leseprojekt zum Spanischen Bürgerkrieg und nun habe ich es endlich gelesen. Und entdeckt habe ich dadurch nicht nur einen faszinierenden Augenzeugenbericht aus jener unheilvollen Zeit, sondern einen Roman, dessen mitreißend-melancholische Sprache mich voll und ganz in ihren Bann gezogen hat. Zu verdanken habe ich dies der Übersetzung von Robin Cackett. „Trostlosigkeit, in Worte gemeißelt“ weiterlesen

Die ukrainische Tragödie

Anne Applebaum: Roter Hunger - Stalins Krieg gegen die Ukraine

Das Buch »Roter Hunger« von Anne Applebaum kaufte ich mir vor ein paar Jahren, um eine Wissenslücke zu schließen. Denn ich wusste bisher wenig über die große Hungersnot, die 1932 und 1933 die Ukraine heimsuchte – außer, dass sie von Stalin bewusst herbeigeführt wurde, um den ukrainischen Widerstand gegen die sowjetische Herrschaft zu brechen. Der Holodomor war eines der vielen unmenschlichen Verbrechen, die den Weg der stalinistischen Herrschaft säumten und ist in seiner Dimension ungeheuerlich. Erst jetzt bin ich dazu gekommen, das Buch zu lesen und angesichts des brutalen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, der seit Februar 2022 mitten in Europa tobt, erhält dieses Werk eine neue, beklemmende Aktualität. Denn neben den darin geschilderten Ereignissen vermittelt es das nötige historische Hintergrundwissen, mit dem dieser Krieg betrachtet werden muss. Um zu verstehen, dass der russische Despot Wladimir Putin nie Ruhe geben wird und dass Verhandlungen niemals einen dauerhaften Frieden schaffen werden. „Die ukrainische Tragödie“ weiterlesen

Remarque und ein staatlich geprüftes Gewissen

Erich Maria Remarque: Im Westen nichts Neues

Im Beitrag »Die Bücher meines Lebens« stelle ich diejenigen Werke vor, die in fünf Lebensjahrzehnten den prägendsten Eindruck hinterlassen haben. Einen Roman habe ich dabei vergessen: »Im Westen nichts Neues« von Erich Maria Remarque ist eines der wenigen Bücher, die ich zwischen meinem sechzehnten und zwanzigsten Lebensjahr gelesen habe. Es war die zweite Hälfte der Achtziger und eine Zeit, in der ich mit Literatur und der einsamen Beschäftigung des Lesens nichts anfangen konnte; die Nachmittage, Abende und Nächte mit den Freunden zu verbringen war viel wichtiger. Und trotzdem hat mich Remarques berühmtes Werk gepackt und fasziniert; ich weiß nicht, wie oft ich es damals las, sieben-, acht-, neunmal bestimmt. Die Ausgabe von »Im Westen nichts Neues«, die mir seinerzeit in die Hände fiel, stammt aus dem Jahr 1929; meine Großeltern müssen sie während der zwölf Jahre, in denen das Buch verboten war, irgendwo versteckt haben. Sie waren zwar überzeugte Parteigenossen und da hätte sich dieses Buch schlecht im Regal gemacht. Aber weggeschmissen haben sie es nicht – sie haben nie etwas weggeworfen. Und irgendwann war es in dem Buchregal meiner Eltern gelandet. Dann in meinem. Da ist es immer noch und jetzt, während ich dies schreibe, liegt es neben mir, ich schaue, welche Stellen ich damals mit Bleistift markierte und rufe mir die Jahre zurück ins Gedächtnis, in denen ich es gelesen habe. „Remarque und ein staatlich geprüftes Gewissen“ weiterlesen

Schreibmaschine und Karabiner

Elsa Osorio: Die Capitana

»Die Capitana« von Elsa Osorio ist ein besonderes Buch; eines das heraussticht, eines, das einen beim Lesen nicht mehr loslässt und eines, das sich tief ins Gedächtnis eingräbt. Mit diesem biographischen Roman hat die Autorin nicht nur eine beeindruckende Frau dem Vergessen der Geschichte entrissen, sondern sie nimmt uns mit in jene Epoche des 20. Jahrhunderts, als der Traum von einer gerechten Welt beinahe mit Händen zu greifen war. Es sind Jahre der Umwälzungen, der revolutionären Ideen, der Diskussionen. Jahre des Kampfes. Und Micaela Feldman Etchebéhère, genannt Mika, war immer dabei, niemals am Rand, sondern stets im Zentrum des Geschehens. Rastlos und ruhelos und angetrieben von dem unbändigen Wunsch, die Welt zu verändern. „Schreibmaschine und Karabiner“ weiterlesen

Vom Denkmalsockel geholt

Lea Singer: Anatomie der Wolken

Das beginnende 19. Jahrhundert war ein Zeitalter der großen Umbrüche. Politisch veränderten die Feldzüge Napoleons die Landkarte Europas gravierend, gesellschaftlich sorgten die Ideen der französischen Revolution und das erstarkende Bürgertum für frischen Wind, wirtschaftlich stand die industrielle Revolution in den Startlöchern. Und kulturell wurde die Epoche der Klassik abgelöst durch die Zeit der Romantik. Zwei der bedeutendsten deutschen Künstler verkörpern wie kaum jemand sonst die Gegensätze, die damals aufeinandertrafen: Johann Wolfgang von Goethe und Caspar David Friedrich. Sie mochten sich nicht – und waren doch fasziniert voneinander. In ihrem Roman »Anatomie der Wolken« schildert Lea Singer, wie sich die beiden begegneten, beschreibt ihre Lebensumstände, lässt eine längst vergangene Zeit äußerst lebendig wiederauferstehen und holt den Dichter und den Maler mit fein dosierter Ironie von ihren Denkmalsockeln. „Vom Denkmalsockel geholt“ weiterlesen

Zuhause: Ort oder Gefühl?

Daniel Schreiber: Zuhause

Noch nie hat mich die Lektüre eines Buches emotional so aufgewühlt, wie es der schmale Band »Zuhause« von Daniel Schreiber geschafft hat. Schon das Nachdenken über den Begriff »Zuhause« kann die Gefühle auf eine Reise weit zurück in die eigene Vergangenheit schicken, doch in meinem Fall kam noch eine besondere Situation dazu. Und wenn es für jedes Buch den passenden Moment geben sollte, dann traf das auf eine schmerzhafte Weise zu wie niemals zuvor.

Gelesen habe ich es im Zug; ich war auf der Rückfahrt nach Köln, nachdem ich für ein paar Tage die Stadt am Bodensee besucht hatte, in der ich aufgewachsen bin. Es war kein normaler Besuch, denn es ging darum, mit dem Ausräumen des Elternhauses zu beginnen, Photos und Dokumente zu sichten, alte Briefe in verstaubten Kartons zu finden, drei Generationen tief in die Familiengeschichte einzutauchen – und herauszufinden, wie wenig man eigentlich von seinen Großeltern und Eltern gewusst hat. Von denen niemand mehr da ist. „Zuhause: Ort oder Gefühl?“ weiterlesen

Vom Untergang einer Welt

Der Roman »Der Wintersoldat« von Daniel Mason und der Band »Untergang einer Welt«

Fast hätte ich mir das Buch »Der Wintersoldat« von Daniel Mason gar nicht gekauft. Das Buchcover zeigt einen Menschen in Rückenansicht, der sich mit wehendem Mantel vom Betrachter weg bewegt – diese Art der Buchgestaltung gibt es bereits in viel zu vielen Varianten und ich mag sie nicht besonders. Aber trotzdem sprach mich irgendetwas daran an, sorgte zumindest für ein zweites Hinsehen. Vielleicht war es der Titel »Wintersoldat«, vielleicht waren es die dunklen, wolkenverhangenen Bergrücken auf dem Umschlagbild, die eine Düsternis ausstrahlten, die mich neugierig machte. Als dann der Klappentext eine Handlung in den Karpaten während des Ersten Weltkriegs versprach, war die Kaufentscheidung getroffen. Denn dies ist ein fast vergessener Schauplatz in den vielen Darstellungen jener Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts und ich war gespannt, wie die Lektüre zu meinem Leseprojekt Erster Weltkrieg passen würde. Passend dazu stelle ich hier den Photoband »Untergang einer Welt« aus dem Brandstätter Verlag vor, der sich mit jenen weniger bekannten Aspekten des vierjährigen Gemetzels beschäftigt; eindrucksvoll und bedrückend zugleich.  „Vom Untergang einer Welt“ weiterlesen

Nummer 122892

Juan Gómez Bárcena: Kanada

»Dein Haus steht noch. Du hattest die Hoffnung, dass es eingestürzt wäre. Vielleicht ist Hoffnung nicht das angemessene Wort, doch wenn nicht, welches dann? Du hattest, so viel kannst Du sagen, die Gewissheit, dass es dein Haus nicht mehr gab, und gleichzeitig die Gewissheit, dass dies überhaupt keine Rolle spielte.« So beginnt der Roman »Kanada« von Juan Gómez Bárcena.

Das Haus, in dem er lebte und glücklich war, existiert noch. Doch der Mann, der es betrachtet, steht vor den Trümmern seines Lebens. Und langsam tastet er sich voran, betritt das Haus, wird von seinem Nachbarn jovial begrüßt, findet sich in der ausgeplünderten, nur notdürftig möbilierten Wohnung wieder. »An den weißen Wänden schattige Stellen, die aussehen wie zugemauerte Fenster – dort, wo früher einmal Fotografien und Gemälde hingen. Du bleibst vor einem dieser nachgedunktelten Rechtecke stehen und versuchst, dich zu erinnern. Es gelingt dir nicht.«

Was war geschehen? Und wo war er gewesen? „Nummer 122892“ weiterlesen

Vor dem Untergang

Eric Sonneman: Der letzte Sommer / The Last Summer

Bevor der Mannheimer Photolaborant Erich Sonnemann seinen Namen in Eric Sonneman ändern würde, besuchte er ein letztes Mal seine Verwandtschaft in Freudental – einem Dorf  in der schwäbischen Provinz, irgendwo zwischen Ludwigsburg und Heilbronn. Mit dabei hatte er seine Kamera, mit der er die Familie seines Onkels und dessen Freunde photographierte. Und die Arbeit auf den Feldern, denn es war Erntezeit, damals im Sommer 1938. Ob Erich Sonnemann wusste, dass es danach kein Wiedersehen geben würde? Er emigrierte kurz darauf in die USA und aus seinen Bildern jenes Sommers sind heute Dokumente der Zeitgeschichte geworden. Denn fast alle der darauf abgebildeten Menschen waren einige Jahre später tot, ermordet von ihren Landsleuten und Mitbürgern. Weil sie Juden waren. In dem schmalen Band »Der letzte Sommer« aus der Reihe »Freudentaler Blätter« können wir einige der Photos anschauen. Und erhalten einen Eindruck von trügerischer Normalität, die keine drei Monate später zerbröseln sollte wie ein morsches Stück Holz. Die Photographien sind das Denkmal einer verschwundenen Welt, untergegangen in Barbarei, Leid und Tod. „Vor dem Untergang“ weiterlesen

Das Unerzählbare. Ein Leseprojekt

Das Unerzaehlbare: Ein Leseprojekt gegen das Vergessen

Das Unerzählbare. Mit diesem Begriff umschreibt der Autor Daniel Kehlmann die Beschäftigung mit dem Thema Holocaust und dem mit deutscher Gründlichkeit organisierten Massenmord an sechs Millionen Menschen. Denn wie soll man, wie kann man über diesen monströsen Tiefpunkt der Zivilisation und der deutschen Geschichte reden, schreiben, sprechen? Und gleichzeitig muss man darüber reden und darüber schreiben und darüber sprechen, damit dieses Unerzählbare niemals in Vergessenheit gerät. Deshalb habe ich für ein Leseprojekt Bücher zusammengestellt, die sich mit diesem Thema beschäftigen. „Das Unerzählbare. Ein Leseprojekt“ weiterlesen

Reise durch die Zerstörung

Daniel Kehlmann: Tyll

Die Legende von Tyll Ulenspiegel ist entstanden im 14. Jahrhundert. Das erste Mal aufgezeichnet wurde die Geschichte des – angeblich um 1300 im niedersächsischen Kneitlingen geborenen – Schelmen und seiner derben Späße um das Jahr 1483, gedruckt erschien sie 1515 in Straßburg. Sie taucht im Laufe der Jahrhunderte immer wieder in unterschiedlichen Varianten auf, der Autor Charles de Coster schuf im 19. Jahrhundert daraus ein belgisches Nationalepos in französischer Sprache. Mit seinem Roman »Tyll« fügt Daniel Kehlmann eine weitere Fassung des Stoffes hinzu: Entstanden ist daraus ein vollkommen neues Werk. Und große Literatur.

Im Original macht Tyll Ulenspiegel das spätmittelalterliche Norddeutschland und Flandern unsicher. Daniel Kehlmann nutzt jedoch die dichterische Freiheit des Schriftstellers und versetzt seinen Helden mitten hinein in den Dreißigjährigen Krieg zweihundert Jahre später. Die Zeit zwischen 1618 und 1648 war eine der katastrophalsten Epochen der Geschichte Mitteleuropas. Drei Jahrzehnte lang ziehen Heerhaufen durch die Lande, plündern, rauben, brandschatzen, morden, vergewaltigen und hinterlassen eine vollkommen verwüstete, zu weiten Teilen fast menschenleere Ödnis. „Reise durch die Zerstörung“ weiterlesen

Literarischer Gedenkstein

Ueber den Feldern - Der Erste Weltkrieg in grossen Erzaehlungen der Weltliteratur

Guillaume Apollinaire, Isaac Babel, Tania Blixen, Jorge Luis Borges, Bertolt Brecht, Louis-Ferdinand Céline, Joseph Conrad, Gabriele d’Annunzio, Heimito von Doderer, Alfred Döblin, Ilja Ehrenburg, William Faulkner, Ford Madox Ford, Anatole France, Claire Goll, Jaroslav Hašek, Ernest Hemingway, Franz Kafka, Eduard Graf von Keyserling, Rudyard Kipling, Klabund, Karl Kraus, Vernon Lee, Heinrich Mann, Katherine Mansfield, William Somerset Maughan, Robert Musil, Boris Pasternak, Joseph Roth, Gertrude Stein, Franz Werfel, Edith Wharton, Thomas Wolfe, Virginia Woolf, Carl Zuckmayer, Arnold Zweig, Stefan Zweig.

Viele berühmte Namen.

Doch neben der Tatsache, dass sie Weltliteratur verfasst haben, eint diese Menschen noch etwas mehr: Sie alle lebten während des Ersten Weltkriegs und diese vier mörderischen Jahre haben in ihren Biographien Spuren hinterlassen. Direkte und indirekte, künstlerische und alltägliche. Sie haben diesen Krieg literarisch verarbeitet und das von Horst Lauinger herausgegebene Buch »Über den Feldern – Der Erste Weltkrieg in großen Erzählungen der Weltliteratur« versammelt Texte von ihnen allen in einem Band. Wobei ich zu Beginn nur die ganz bekannten Namen erwähnt habe; die Textsammlung geht noch weit darüber hinaus und sorgt für Neu- und Wiederentdeckungen von Stimmen aus jener Zeit. Längst verklungen, aber zwischen zwei Buchdeckeln immer noch da. Hörbar, lesbar, wie ein hundert Jahre altes Echo. „Literarischer Gedenkstein“ weiterlesen

Die Stunde der Idealisten

Volker Weidermann: Traeumer

Volker Weidermann beschreibt in seinem Buch »Träumer« die wenigen Monate zwischen November 1918 und Mai 1919, als in München eine Handvoll beherzter Idealisten nach der Macht griff, um eine bessere Welt zu schaffen. Und die damit dramatisch scheiterten.

Eine der eindrucksvollsten Szenen des Buches finden wir gleich im ersten Kapitel: Kurt Eisner, Journalist, Schriftsteller und Pazifist, besetzt mitten in der Nacht mit einer Gruppe Getreuer den bayerischen Landtag. Schon fast verwirrt über diesen leichten Erfolg übernehmen sie den notdürftig beleuchteten, leeren Sitzungssaal und entwerfen eine Proklamation für die Republik. Eine gespenstische Situation. In den frühen Morgenstunden ruft Eisner den bayerischen Freistaat aus, mit sich als Regierungschef. Es ist November 1918 und auf den Straßen herrscht das Chaos. „Die Stunde der Idealisten“ weiterlesen

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