Zehn Jahre Kaffeehaussitzer

Zehn Jahre Kaffeehaussitzer

Der Literaturblog Kaffeehaussitzer wird zehn Jahre alt und mit einer Mischung aus Freude, Dankbarkeit und ungläubigem Staunen denke ich an den Juni 2013 zurück, als ich das allererste Mal auf den »Veröffentlichen«-Button geklickt habe – ohne auch nur die geringste Ahnung davon zu haben, was daraus entstehen würde. Jedenfalls erinnere ich mit gut daran, wie faszinierend ich es fand, dass mit diesem ersten Klick meine eigene Seite, mein Literaturblog zum Leben erweckt wurde. Geplant war das alles nicht, irgendwie hat es sich zufällig ergeben. Wie so oft.

Als ebay noch eine junge Verkaufsplattform war und eher einem großen Trödelmarkt glich, hatte ich mir dort ein Kundenkonto angelegt. Und als es darum ging, sich einen Benutzernamen auszudenken, ist mir der Begriff »Kaffeehaussitzer« in den Sinn gekommen – zum ersten Mal. Das ist nun schon ziemlich lange her, es muss in den ersten Nullerjahren gewesen sein. »Kaffeehaussitzer«. Der Begriff gefiel mir so gut, dass ich mir ihn bei einem Provider als Domainnamen registrieren ließ. Das ebay-Konto gibt es schon lange nicht mehr, doch diese Domain schlummerte eine ganze Weile vor sich hin. 

Jahre später entdeckte ich – ziemlich spät – die Sozialen Medien für mich und schrieb auf Facebook, das damals noch rege genutzt wurde, hin und wieder über gelesene Bücher. Und merkte, wie viel Spaß mir das machte. So wie es mir schon immer ein Bedürfnis war, meine Begeisterung für bestimmte Bücher weiterzugeben, oder, wie ich es an einer anderen Stelle schon einmal geschrieben habe: »Wenn ich von einem Werk überzeugt bin, möchte ich mich am liebsten mit einem Megaphon auf eine Straßenkreuzung stellen und meine Begeisterung herausrufen – damit so viele Menschen wie möglich dieses Buch lesen. Das ist wahrscheinlich das Buchhändler-Gen in mir.«

Dann bekam ich ein WordPress-Handbuch in die Hände. Und alles passte zusammen: Der Domainname war da, meine Literaturbegeisterung suchte einen Kanal, der nicht von einer fremden Plattform abhängig war, und für meine zweite große Leidenschaft – das Photographieren – war ebenfalls Platz. Von Beginn an gehören die Kaffeehaus-Titelbilder und die arrangierten Buchphotos zu den Markenzeichen des Blogs. Dann ging jener erste Beitrag online. Und seitdem schreibe ich hier über Bücher, Texte und Leseerlebnisse. 

Zehn Jahre sind eine lange Zeit. Durch das Bloggen über Literatur habe ich unzählige andere Literaturmenschen kennengelernt; ein Netzwerk an Kontakten ist entstanden, Freundschaften im echten wie im virtuellen Leben – wobei diese beiden Begrifflichkeiten schon längst miteinander verschmolzen sind, denn der Blog ist ein so wichtiger Teil meines Alltags geworden, dass es müßig ist, hier von verschiedenen Leben zu reden. Beides geht ineinander über, der Blog ist mein digitales Kaffeehaus, mein virtueller Salon, in dem es um gedruckte Bücher geht. Projekte und Literaturreisen haben sich daraus ergeben, Highlights waren etwa die Jury-Tätigkeit für den Deutschen Buchpreis oder die Mitarbeit im Planungsteam der Kölner Literaturnacht. Und letztendlich habe ich durch das Bloggen den Job gefunden, den ich seit 2019 ausübe; als Produktmanager für den Eichborn Verlag. 

Zehn Jahre. Viel ist geschehen in dieser Dekade, auch viel Trauriges und Besorgniserregendes; unsere Welt ist nicht mehr dieselbe und verändert sich stetig weiter. Und auch hier ist dieser Blog ein persönlicher Begleiter durch Höhen und Tiefen; seien es Abschiede von Menschen, die einem wichtig waren, seien es die Klimakatastrophe, auf die wir ungebremst zurasen, der die freie Welt bedrohende russische Angriffskrieg auf die Ukraine oder die Pandemie, die uns im Würgegriff hatte. Immer sind es Bücher oder Texte, die mir Trost gespendet oder Hoffnung gegeben haben. Die mir halfen, meinen Platz in dieser Welt zu finden. Der Blog ist eine Konstante in meinem Leben und das Schreiben über Literatur, Bücher und Leseerlebnisse gibt mir Gelassenheit und etwas Frieden in all dem Chaos, in dem unsere Erde täglich mehr zu versinken droht. 

Zehn Jahre. Etwas verlernt habe ich, mich kurz zu fassen, die Beiträge wurden immer länger und länger. Aber über Bücher zu bloggen bedeutet für mich oftmals nicht nur, sie zu rezensieren, sondern vor allem Geschichten über sie zu erzählen. Dabei kann es um einzelne Textstellen gehen, die mir viel bedeuten, um Bücher, die prägend waren für einen ganzen Lebensabschnitt oder um Lektüreerfahrungen, die ich mit einem bestimmten Ereignis meines Lebens verbinde: Leseerlebnisse eben. Und mit der Beschreibung dieser Leseerlebnisse möchte ich immer wieder aufs Neue zeigen, wie eng verbunden Bücher und Literatur mit dem eigenen Leben sein können. Denn Lesen ist für mich keine Freizeitbeschäftigung – was für ein schreckliches Wort übrigens – sondern es ist für mich ein wesentlicher Bestandteil meines Lebens und meiner Persönlichkeit.

Zehn Jahre. Über 1,3 Millionen Seitenaufrufe verzeichnet der Literaturblog Kaffeehaussitzer inzwischen. Regelmäßig erhalte ich über alle möglichen Kanäle Nachrichten von Menschen, die sich für Buchtipps bedanken, für Texte, die im Blog erschienen sind oder die mir einfach einen Gruß senden. Oder mir selbst eine Buchempfehlung geben, denn dies ist das Wunderbare daran, sich mit anderen Literaturbegeisterten zu vernetzen: Es kommen ständig neue Bücher hinzu, die man unbedingt lesen muss. Und immer wieder haben mich Spenden via PayPal erreicht; von Blogleserinnen und -lesern, die mir auf diese Weise den ein oder anderen virtuellen Kaffee ausgegeben haben. Eine Wertschätzung, die mich riesig freut. Und einmal schrieb mir jemand, dass er durch die regelmäßigen Besuche auf meinem Blog seine Freude am Lesen und an den Büchern wiedergefunden hätte – diese Nachricht habe ich schon mehrmals zitiert; sie ist eines der schönsten Komplimente, die ich jemals bekommen habe.

Daher möchte ich diesen Jubiläumsbeitrag mit einem großen Dankeschön beenden: Danke an alle, die diesen Blog lesen, in ihm stöbern, ihn besuchen, ihn empfehlen, die ihn kommentieren, die mir Nachrichten und Feedback senden, die Stammgäste sind, die ab und an vorbeischauen, die ihn neu entdecken – es ist schön mit euch.  

Die Reise geht weiter. Auf die nächsten zehn Jahre! 

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26 Antworten auf „Zehn Jahre Kaffeehaussitzer“

  1. Herzlichen Glückwunsch,
    wenn auch sehr unregelmäßig komme ich sehr gerne auf einen Kaffeehausbesuch vorbei.
    Lange Texte schrecken mich nicht ab und daher weiter so.

    Liebe Grüße
    Britta

  2. Ich finde vielleicht nicht die richtigen Worte.

    Nur so viel – die Art, mit der du über Bücher schreibst ist einmalig. Mir gefällt auch sehr, dass du persönliche Bezüge zu deinem Leben herstellst.

    Die von dir empfohlenen Werke haben mich oft bereichert. Und ich habe auch Bücher versucht, welche ich sonst vielleicht nicht angefangen hätte.

  3. Danke sehr, Uwe!

    Ich lese deinen Blog seit einigen Jahren.
    Bin kein Literaturexperte aber recht wählerisch, was Romane angeht.

    Man bekommt bei deinen Beiträgen oft gut ein Gefühl dafür, ob einen ein Buch ansprechen könnte. Das schaffen nur wenige Rezensenten gut (für mich gesprochen).

  4. Hallo Uwe!
    Herzlichen Glückwunsch zum 10. Kaffeehaussitzer-Geburtstag!!! Ein Besuch in deinem Blog ist mir jedes Mal eine große Freude. Danke für die vielen großartigen Anregungen und den Austausch!

  5. Herzlichen Glückwunsch & Dank für das schöne Kaffeehaus, dss ich regelmässig mit Genuss & Gewinn aufsuche, so eine Art literarische Stammkneipe. Sehr schmunzeln muste ich über das zum in die Welt schreien motivierende Buchhändlergen, ich hab dss in meiner Zeit als Buchhändler während einer Lesenscht-Veranstaltung mal in fast identischer Wortwahl beschrieben.
    Als dankender Abschluss ein ( natürlich unbedingter) Lesetipp: Jean Malaquais, Planet ohne Visum. Ich erinnere mich an so viele begeisterte & begeisternde Rezensionen von Dir über Bücher zum spanischen Bürgerkrieg oder zu Schicksalen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, dass ich sicher bin, das ist „Dein Buch“.
    Herzliche Grüsse und right on
    Matthias Bückle

  6. Verehrter Kaffeehaussitzer, lieber Uwe Kalkowski,

    herzlichen Glückwunsch zur ersten Dekade. Die brillanten Buchkritiken und die entspannten Kaffee- und Kaffeehausbilder mögen sich fortsetzen.

  7. Ja, da mag ich immer wieder im Kaffeehaus beisitzen, lesen, zuhören oder plaudern. Vielen Dank für die vielen Beiträge, die oft persönlich motiviert waren und sind. Glückwünsche und Respekt für die Ausdauer!
    Weiterhin herzliche Wünsche
    und Grüße
    Bernd

  8. WOW- 10 Jahre!
    Gratulation es geschafft zu haben, das wunderbar Analoge in die digitale Welt zu bringen, um sofort den Wunsch nach dem Echten (analogen) Buch zu erwecken. Danke für die Bestätigung, dass das Buchhändler Gen existiert. Ich bin seit fast 30 Jahren nicht mehr im Buchhandel tätig, doch der pavlovsche „Buch muss ich haben“ Reflex wirkt sofort, wenn deine Buchempfehlungen mich anspringen.

  9. Herzlichen Glückwunsch – viel Arbeit und sicher auch viel Freude. Die Bestätigung, die du dafür bekommst in Form von Likes, Kommentaren, Beträgen, entschädigt sicher und motiviert auch. Das fehlt mir ein wenig, weswegen ich wohl meinen bald in der Form nicht mehr weiterführen werde – aber bei dir schaue ich immer wieder gerne rein.

    Danke für deine Arbeit, das Zeigen deiner Leidenschaft für Literatur, die so ansteckend ist.

  10. Herzlichen Glückwunsch und Danke für Deine Rezensionen, Tipps, Einblicke, Gedanken und Empfehlungen. Ich freue mich darauf, Dir auch weiterhin über die Schulter blicken zu dürfen.

  11. Ich gratuliere recht herzlich. Bitte immer weitermachen.
    Ihr Blog hat großen Einfluss auf mein Leseverhalten und ist für mich eine große Bereicherung.
    Vielen Dank und liebe Grüße

  12. Hallo Uwe,
    da möchte ich doch einen virtuellen Kaffee und ein richtig großes Stück Torte auf dieses Jubiläum ausgeben und sage „Herzlichen Glückwunsch“ zu diesem wunderbaren Geburtstag, den wir zusammen (fast) teilen, denn jedes Mal, wenn du deinen Bloggeburtstag zelebrierst, erinnere ich mich daran, dass meiner auch nicht mehr fern ist (und der von We read Indie auch).

    Aber heute bist du erst einmal dran. Ich sage dir Danke für viele wunderbare Artikel auf deinem Blog, die vor Begeisterung immer nur so sprühen. Dann auch danke dafür, dass du bei EIchborn so tatkräftig an den wunderbaren Programmen mitwerkelst, die jedes Jahr begeistern.
    Und danke für deine allgemeine Begeisterung für alle anderen Blogs und Literaturbegeisterten da draußen, die du jeden Monat in deiner Kolumne zeigst.

    Also insgesamt:Danke, dass du vor zehn Jahren auf den Knopf zum Veröffentlichen gedrückt hast und das auch weiterhin tust.

    Viele Grüße
    Marc

  13. Herzlichen Glückwunsch, lieber Uwe zu den 10 Jahren Kaffeehaussitzer. Und Danke für die vielen Stunden Lektüre und Informationen, die du uns geschenkt hast. Ich weiß, es ist etwas unverschämt, aber davon wünsche ich mir noch ganz, ganz viele.

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