Zeig doch mal die Bilder (Teil 1)

Graphic Novels: Eine Bestandsaufnahme

Die literarische Gattung der Graphic Novels habe ich erst spät für mich entdeckt. Nicht unbeteiligt daran war das Bummeln durch die Buchblogs, bei dem ich immer wieder darauf neugierig gemacht wurde. Und schnell habe ich dadurch staunend den Zutritt in eine mir bis dahin unbekannte Welt gefunden, eine Welt voller Überraschungen, vielseitig, bunt und spannend.

Dieser Prozess ist mir gerade bewusst geworden, als ich vor meinem Bücherregal stand, auf der Suche nach der nächsten Lektüre. Dabei ist mir aufgefallen, dass sich inzwischen ein ganzer Stapel Graphic Novels darin angesammelt hat, wenn auch noch in bescheidenem Ausmaß; thematisch und künstlerisch vollkommen unterschiedliche Werke. Irgendwie ein guter Anlass für eine Bestandsaufnahme und eine kurze Vorstellungsrunde. „Zeig doch mal die Bilder (Teil 1)“ weiterlesen

Liebe in Zeiten des Überlebens

Isabelle Autissier: Herz auf Eis

Ein Paar nimmt sich ein Jahr Auszeit, kauft ein Schiff und startet zu einem Segeltörn um die Welt. Was traumhaft klingt, wird zu einem Alptraum, als die beiden bei einer Wanderung auf einer abgeschiedenen Insel ein heftiger Sturm überrascht. Nachdem sie sich aus ihrer Notunterkunft herauswagen, ist das Meer wieder ruhig. Und das Schiff verschwunden. So beginnt der Roman »Herz auf Eis« von Isabelle Autissier. „Liebe in Zeiten des Überlebens“ weiterlesen

Eine Chance nutzen

Cynan Jones: Alles, was ich am Strand gefunden habe

»Alles, was ich am Strand gefunden habe« von Cynan Jones ist eines dieser Bücher, bei denen man erst einmal tief durchatmen muss, wenn die letzte Seite gelesen ist. Zumindest mir ging das so. Nachdem mich schon der Vorgänger »Graben« sehr begeistert hat, war ich gespannt auf den neuen Roman – und wurde nicht enttäuscht. Ganz und gar nicht. »Alles, was ich am Strand gefunden habe« ist eine düstere Geschichte voller erhabener Momente; eine Geschichte, die unter die Haut geht. Und die man nicht so schnell wieder aus dem Kopf bekommt. Erhaben sind die Beschreibungen der walisischen Landschaft, düster die Schicksale dreier Männer.

Die Handlung beginnt mit dem Fund einer übel zugerichteten Leiche an einem Strand irgendwo in Wales. Was war geschehen? Das erfahren die Leser nach und nach, wobei von Beginn an eine unterschwellige Anspannung in jedem Satz mitschwingt. Denn schnell spitzt es sich auf die Frage zu: Für wen geht es nicht gut aus? Wer wird am Ende als Leiche am Strand liegen? „Eine Chance nutzen“ weiterlesen

Bügeln mit Pearl Jam

Buegeln mit Pearl Jam

Kaum eine Tätigkeit im Haushalt kann ich so wenig leiden wie das Bügeln. Man könnte auch sagen, dass ich es hasse. Wenn man aber in einem Alter ist, in dem zerknitterte Hemden nicht mehr unangepasst, sondern eher ungepflegt aussehen, bleibt einem von Zeit zu Zeit leider nichts anderes übrig, als sich an diese ungeliebte Arbeit zu machen.

Das Gute dabei: Zwar haben in der Wohnung längst Spotify & Co. Einzug gehalten, neben dem Bügelbrett steht aber das unverwüstliche CD-Regal mit seinen Schätzen aus der Vergangenheit. Und so ist das Bügeln meist begleitet von unglaublich lauter Musik (so wie früher) mit entspanntem Headbangen (fast so wie früher). Frank Goosen hat in seinem wunderbaren Buch »So viel Zeit« passende Worte dazu geschrieben: »Musik brachte einen in Kontakt zu jemanden, den man früher gekannt hatte, dem Jemand, der man gewesen ist, bevor man der wurde, der man jetzt war.« 

Und genau so ist es. Jeder von uns kennt sie wahrscheinlich, die Erinnerungen, die man mit bestimmter Musik verbindet und die sofort wieder präsent vor einem stehen. Als wären nicht Jahre oder Jahrzehnte vergangen, sondern nur ein paar Wochen.

Als ich kürzlich wieder einmal das Bügeleisen einsteckte und den Lautstärkeregler nach rechts drehte, war dieses Erinnern, dieses Gefühl der Verbundenheit mit der eigenen Geschichte allerdings so intensiv wie nur ganz selten zuvor. „Bügeln mit Pearl Jam“ weiterlesen

Land in Trümmern

George Packer: Die Abwicklung

Bücher mit USA-Bezug werden zur Zeit gerne mit dem Versprechen beworben, Aufklärung über das in unseren Augen unverständliche Verhalten der Trump-Wähler zu liefern. Denn es ist und bleibt nur schwer nachvollziehbar, wie ein solch vulgärer Mensch mächtigster Mann der Welt werden konnte. Das Buch, das ich hier vorstellen möchte, ist bereits 2013 erschienen. Und trotzdem gibt es wie kein anderes Auskunft über ein Land im Niedergang, über die Vereinigten Staaten zu Beginn des 21. Jahrhunderts. George Packer schafft es in »Die Abwicklung« die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen in den USA von den 1970er-Jahren bis heute anschaulich und spannend darzustellen. Und danach wird einem als Mitteleuropäer so einiges klar. Oder zumindest klarer. „Land in Trümmern“ weiterlesen

Blogbuster-Preis: Ein Fazit

Blogbuster-Preis 2017: Ein Fazit

Der Sieger steht fest: Der Autor Torsten Seifert hat mit seinem Manuskript »Der Schatten des Unsichtbaren« den Blogbuster-Preis 2017 gewonnen! Er erhält einen Vertrag mit der Literaturagentur Elisabeth Ruge und sein Buch wird im Herbstprogramm von Klett-Cotta/Tropen unter dem Titel »Wer ist B. Traven?« erscheinen. Die Jury-Begründung und einen Bericht über die Preisverleihung im Hamburger Literaturhaus gibt es auf der Seite des Blogbuster-Preises.

Ich gratuliere Torsten Seifert herzlich zu seinem Sieg. Der Plot seines Manuskripts – ein Reporter aus L.A. wird in den 4oer-Jahren nach Mexiko geschickt, um herauszufinden, wer B. Traven war – klingt alleine von der Beschreibung her schon so, dass ich das Buch auf jeden Fall lesen möchte. Ist B.Traven doch eines der geheimnisvollsten Pseudonyme der Literaturgeschichte und sich die Suche nach dieser mysteriösen Person als literarische Annäherung auszudenken, halte ich für eine sehr gelungene Idee. Und bin gespannt auf das Buch, das zur Frankfurter Buchmesse gedruckt vorliegen wird. „Blogbuster-Preis: Ein Fazit“ weiterlesen

Leiden im luftleeren Raum

Plötzlich war es da, wie aus dem Nichts aufgetaucht: Selten war ein Buch einer bis dahin kaum bekannten Autorin so präsent in Blogs und Medien wie Hanya Yanagiharas Roman »Ein wenig Leben«. Vorab-Schwärmereien, Besprechungen, Schilderungen von Leseerfahrungen, Gespräche über die Gefühle, die das Buch auslösen würde; es war mir schon fast zu viel, denn wenn alle, wirklich alle über einen Roman sprechen, meint man gerne, ihn gar nicht mehr selbst lesen zu müssen. Erst als dann in den Blogs buchrevier und Buzzaldrins Bücher erste kritischere Stimmen auftauchten, wurde ich neugierig. Und nachdem ich in einer Buchhandlung die ersten Seiten gelesen hatte, wollte ich wissen, wie es weitergeht, denn sie haben eine Art Sog erzeugt, dem ich mich nicht entziehen konnte. „Leiden im luftleeren Raum“ weiterlesen

Graphic-Novel-Werkstattbericht

Arne Jysch und Volker Kutscher: Der nasse Fisch - Graphic Novel

Es ist noch nicht so lange her, seit ich Graphic Novels als Literatur- und Kunstform für mich entdeckt habe. Gleichzeitig bin ich begeisterter Leser der Krimireihe rund um den Ermittler Gereon Rath. Wenn dann der erste Band dieser Reihe – »Der nasse Fisch« – als Graphic Novel erscheint und wenn Zeichner und Romanautor gemeinsam das Werk im Kölner Literaturhaus vorstellen – dann ist ja klar, dass ich mir diesen Abend auf keinen Fall entgehen lassen konnte. Und jede Minute hat sich gelohnt; es war eine ungemein spannende Veranstaltung, die den zahlreich erschienenen Zuhörern und Zuschauern die Entstehung einer Graphic Novel auf eine beeindruckende Art näher gebracht hat. „Graphic-Novel-Werkstattbericht“ weiterlesen

Suppen für Syrien

Suppen fuer Syrien

Gelegentlich müssen sich Buchblogger den Vorwurf anhören, sich vor den Marketingkarren der Verlage spannen zu lassen. Nun ja, Nörgler wird es immer geben, weshalb ich das Thema nicht vertiefen möchte. Zumal ich in folgendem Text ganz bewusst Werbung für ein Buch machen werde, nämlich für das Kochbuch »Suppen für Syrien«. Das viel, viel mehr ist als ein Kochbuch: Eine Hilfskampagne für Kinder und Jugendliche in dem verwüsteten Land mit seinen kriegsversehrten Menschen.

Dieses Hilfsprojekt ist von Barbara Abdeni Massaad ins Leben gerufen worden, einer in Beirut und Florida lebenden Photographin und Kochbuchautorin. Sie hatte damit begonnen, in einem nahe ihrer Beiruter Wohnung liegenden Flüchtlingslager für und mit den Menschen dort zu kochen. Suppen vor allem; nahrhaft, einfach und tröstend. Es geschah aus dem Wunsch heraus, zu helfen, den syrischen Flüchtlingen in dem provisorischen Lager zu zeigen, dass jemand an sie denkt. „Suppen für Syrien“ weiterlesen

Zehn Sekunden mit Paul Auster

Paul Auster: 4321

Nach 1259 Seiten war das Buch zu Ende. Zugeklappt lag es vor mir und ich verabschiedete mich schweren Herzens von Archie Ferguson. Es fiel mir schwer, wir hatten einige Wochen miteinander verbracht, waren Vertraute, Freunde geworden. Aber jetzt musste ich ihn ziehen lassen, ihn, den vierfachen Helden aus Paul Austers »4 3 2 1«. Was für ein Roman! Und jetzt überlege ich seit ein paar Tagen, wie ich darüber schreiben soll. Wie sich einem Werk nähern, das bereits seit Wochen in Blogs und im Feuilleton besprochen und hochgelobt wird. Einer der ersten, der über »4 3 2 1« berichtet hat, war Jochen Kienbaum auf lustauflesen.de und er gelangte zum Fazit: »Das schreibe ich selten bis nie: 4321  ist ein Meisterwerk!« Und dem schließe ich mich von ganzem Herzen an.

Ein Meisterwerk also. Aber warum? Was macht dieses Buch so besonders, so anders? „Zehn Sekunden mit Paul Auster“ weiterlesen