Hommage an B. Traven

Torsten Seifert: Wer ist B. Traven?

Der Roman »Wer ist B. Traven?« von Torsten Seifert ist in zweifacher Hinsicht ein besonderes Buch. Zum einen bringt uns der Roman den Mythos B. Traven auf eine sehr spannende und unterhaltsame Weise näher, schickt uns auf eine Spurensuche und legt dabei eine Menge falscher Fährten. Und zum anderen wegen des Aufklebers, der auf der Schutzfolie klebt und der stolz verkündet »Blogbuster – Preis der Literaturblogger«. Denn »Wer ist B. Traven?« ist der Siegertitel des Blogbuster-Wettbewerbs 2017. Fünfzehn unterschiedliche Blogs wählten aus 252 eingereichten Manuskripten je eines aus, die hochkarätig besetzte Jury kürte daraus den Gewinner, der als Preis einen Buchvertrag bei Klett-Cotta/Tropen erhielt. Und jetzt liegt dieses Buch zur großen Freude aller Beteiligten in den Buchhandlungen.

Aber wer ist nun B. Traven, der große Unbekannte der Literaturgeschichte? Ein überaus erfolgreicher Autor um die Mitte des letzten Jahrhunderts, der mit seinen Verlagen nur über ein Postfach in Mexiko kommunizierte und dessen Bücher riesige Auflagen erreichten. Eines seiner bekanntesten Werke ist »Der Schatz der Sierra Madre«, das 1947 von John Huston mit Humphrey Bogart in einer der Hauptrollen verfilmt wurde. Genau hier setzt das Buch ein, als der erfolgreiche, in L.A. lebende Klatschreporter Leon Borenstein von seinem Zeitungsverleger nach Mexiko ans Filmset geschickt wird. John Huston dreht dort mit seiner Filmcrew mitten in einer unwirtlichen, wüstenartigen Einöde; angeblich soll die filmische Umsetzung des Romans mit einem Vertrauten B. Travens vor Ort bis ins Detail abgestimmt werden. Leons Aufgabe: Diesen Vertrauten auszuspionieren, um so endlich das Geheimnis um den Schriftsteller zu lösen, dessen Werke spätestens seit dem Beginn dieses Filmprojekts in aller Munde sind, den aber noch nie jemand gesehen hat.

Damit beginnt eine Suche, die Leon Borenstein durch Mexiko, über die USA nach Wien und wieder zurück nach Mexiko führt. Er wird mit Humphrey Bogart Schach spielen, sich in eine schöne Unbekannte verlieben, ehemalige republikanische Spanienkämpfer kennenlernen, knapp dem Tod entgehen, im Krankenhaus landen, in zwielichtigen Gegenden Mexiko-Stadts einem Tipp nachgehen und trotzdem das Gefühl haben, dem legendären B. Traven keinen Schritt näher zu kommen. Bis er vielleicht doch noch eine Chance erhält. Vielleicht. Gleichzeitig begeistert er sich zunehmend für die Werke des Schriftstellers, saugt sie regelrecht in sich auf, »B. Traven wirkte wie ein Bote aus einer anderen Welt. Einer, der keine heldenmütigen Phantasien zu Papier brachte, sondern Abenteuer so beschrieb, wie er sie selbst erlebt hatte, ganz ohne falsche Romantik. Seine Worte übten auf ihn eine magische Wirkung aus.«

Als eine Mischung aus Abenteuergeschichten, Gesellschaftskritik und revolutionärem Gedankengut sind B. Travens Romane bis heute lesenswert, die Verfilmung von »Der Schatz der Sierra Madre« gilt als Hollywood-Klassiker. Und seit einiger Zeit weiß man, dass sich hinter dem Pseudonym wohl der Revolutionär Ret Marut versteckte, der 1919 nach der Niederschlagung der Münchner Räterepublik aus Deutschland und Europa fliehen musste und in Mexiko untertauchte. Und als geheimnisvoller Autor weltweit Erfolge feierte. Wer Ret Marut (ein Akronym für Armut?) aber gewesen ist, das konnte bis heute niemand hundertprozentig herausfinden, auch wenn es dazu eine Menge Theorien und Wahrscheinlichkeiten gibt. Auf jeden Fall eines der großen Rätsel der Literaturgeschichte.

Es ist eine wunderbare Idee von Torsten Seifert, mit seinem Buch »Wer ist B. Traven« uns diesen – im wahrsten Sinne des Wortes – legendären Autor wieder ins Gedächtnis zu rufen; einen Autor, dessen Lebenslauf schon klingt wie ein langer Abenteuerroman. Und es ist vor allem eine sehr gelungene Idee, denn Seiferts Roman ist nicht nur eine Hommage an B. Traven, sondern eine Zeitreise in die ausgehenden vierziger Jahre, eine Epoche, in der die ersten Ausläufer des kommenden technischen Fortschritts bereits zu spüren waren. Dieser spezielle Sound der Zeit mit ihren anzugtragenden, rauchenden Männern, den chromblitzenden Autos, aber auch der vollkommenen Abgeschiedenenheit der Landstriche abseits der Großstädte oder der Stimmung in den kriegszerstörten Städten Mitteleuropas klingt aus jeder Zeile des Buches. Ebenso wie übrigens auch die revolutionären Ansichten Travens, die bis heute nichts von ihrer Gültigkeit verloren haben. Etwa wenn es heißt: »Das größte Leid auf Erden ist nämlich, dass die Menschen entweder gar keine Anschauung haben oder nur eine geborgte. Und die geborgte haben sie meist von Parteien, Führern oder der Kirche.«
Ein zeitlos gültiger Satz eines Schriftstellers, der geradezu prädestiniert dazu ist, in unserer Zeit neu entdeckt zu werden. Torsten Seiferts Buch könnte der erste Schritt in diese Richtung sein.

Zwei von Travens Büchern stehen auch in meinem Bücherregal, sie stammen aus dem Jahr 1927 und sind damals in der Büchergilde Gutenberg erschienen. Ein faszinierender Gedanke, dass zur Zeit ihres Erscheinens jener geheimnisvolle Unbekannte irgendwo in Mexiko saß, diese Buchmanuskripte nach Deutschland schickte, sie in Berlin gedruckt wurden und ich sie Jahrzehnte später auf einem Flohmarktstand in Leipzig finden konnte – mein erster Kontakt mit B. Traven.

Ein Lektüretipp zum Weiterlesen

Perfekt zum Thema passend ist ein Buch von Volker Weidermann. In »Träumer – Als die Dichter die Macht übernahmen« beschäftigt er sich mit der Revolution 1918/1919 und der Münchener Räterepublik. Er beschreibt einen kurzen, aber intensiven Zeitraum von ein paar Monaten, in dem Dichter und Schriftsteller wie Ernst Toller, Erich Mühsam oder Gustav Landauer Politik machten und die einmalige Gelegenheit hatten, ihre Träume von einer besseren Welt Realität werden zu lassen. Eine Realität, die nach kurzer Zeit in Blut, Tod und Verfolgung endete. Und Ret Marut zu B. Traven werden ließ.

Neue Runde: Der Blogbuster-Preis

Abschließend möchte ich an dieser Stelle noch einmal Torsten Seifert ganz herzlich zu seinem Erfolg gratulieren und mich für sein wunderbares Buch bedanken. Ebenso beglückwünsche ich Blogger-Kollegen Tilman Winterling für sein Gespür, als er diesen Titel zur Abstimmung beim Blogbuster-Preis eingereicht hat. Und damit nicht genug, denn von den 14 Manuskripten, die es in die Endrunde geschafft hatten, haben inzwischen acht einen Verlags- oder Agenturvertrag erhalten; mit dabei ist das Buch, das von diesem Blog in die Abstimmung geschickt wurde.

Buchinformation
Torsten Seifert, Wer ist B. Traven?
Klett-Cotta/Tropen Verlag
ISBN 978-3-608-50347-0

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3 Antworten auf „Hommage an B. Traven“

  1. Ich fand das Buch auch spannend geschrieben. B.Traven war mir vor diesem Buch nicht bewusst. Klar kenne ich den Film mit Humphrey Bogart, aber welche Entstehung der hatte, wurde mir erst mit dem Buch von Torsten Seifert klar.
    Im Internet findet man auch eine nette Dokumentation über B.Traven.
    Liebe Grüße
    Andrea

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