Vier Jahre Kaffeehaussitzers Netzrückblick

Kaffeehaussitzers Netzrueckblick

Irgendwann im Sommer 2016 hatte ich einen beruflichen Termin mit Christian von Zittwitz, dem Gründer und Herausgeber der Zeitschrift BuchMarkt. Dabei unterhielten wir uns über das Bloggen und über die Welt der Literaturblogs, die zu dieser Zeit gerade dabei waren, sich einen Platz im Literaturbetrieb zu erarbeiten. Er fragte, ob ich mir vorstellen könnte, regelmäßig für die Online-Präsenz seiner Zeitschrift eine Auswahl lesenswerter Texte zusammenzustellen. Damit war sie geboren, die Kolumne »Kaffeehaussitzers Netzrückblick« und am 31. August 2016 ging sie zum ersten Mal online. Fortan sollte es an jedem letzten Werktag eines Monats einen Rückblick geben, »über das, was sich in der Literaturblog-Szene getan hat. Von lesenswerten Beiträgen über Diskussionen und Disputen bis zu weiterführenden Linktipps. Subjektiv, handverlesen und rein persönlich ausgewählt ohne Anspruch auf Vollständigkeit – denn eine solche kann es in einer so vielschichtigen und lebendigen Szene gar nicht geben.« 

So schrieb ich damals und inzwischen sind 48 Kolumnen zusammengekommen. Jeden Monat bookmarke ich Blogbeiträge, die mir aufgefallen sind, die ich mochte oder die wichtige Impulse zu aktuellen Entwicklungen geben. Und fast jeden Monat fällt mir am Abend des zweitletzten Werktags ein, dass es ja wieder Zeit für die Kolumne ist und ich mich dringend an den Schreibtisch setzen sollte. 

Das Ziel von »Kaffeehaussitzers Netzrückblick« ist es, literaturinteressierten Menschen – egal ob sie Leser sind oder auch beruflich mit Büchern zu tun haben – einen Einstieg in die Welt der Literaturblogs zu geben. Und zu zeigen, dass man dort nicht nur Buchbesprechungen findet, die sich intensiv mit dem Gelesenen auseinandersetzen und wunderbare Leseanregungen geben – sondern auch Beiträge, die sich kritisch mit komplexen gesellschaftlichen oder politischen Entwicklungen auseinandersetzen. 

Vor ein paar Jahren gab es die leidige Debatte um die Daseinsberechtigung von Literaturblogs neben der klassischen Literaturkritik. Eigentlich sollte seitdem hinlänglich bekannt sein, dass die subjektive Herangehensweise von Bloggern – die ja genau das ist, was jeden Blog auszeichnet und zu diesem Medium gehört – eine völlig andere Art ist, sich mit Literatur auseinanderzusetzen, als es im Feuilleton geschieht. Wo es leider immer weniger Platz für Bücher gibt, aber das ist eine andere Geschichte. Und es dürfte kaum einen Belletristik-Verlag geben, bei dem die Zusammenarbeit mit passenden Buchblogs nicht zur Unternehmenskommunikation gehört.

Doch kürzlich bescherte uns Literaturkritikerin Sigrid Löffler eine kleine Zeitreise, indem sie in einem Gespräch im Deutschlandfunk die »subjektiven Geschmacksurteile« der Buchblogger bemängelte; für die professionelle Literaturkritik sei dies eine »unerwünschte Konkurrenz« im Internet. Wie gesagt, man sollte meinen, dass diese alte Debatte schon abgeschlossen gewesen ist; denn eigentlich ist ja längst klar, dass Blogs die Literaturkritik ergänzen, nicht ersetzen – zu verschieden sind die Ansätze. Blogger Simon Sahner – einer der Mitbetreiber von 54Books – fand dazu in einer sehr reflektierten Erwiderung die passenden Worte; nachzuhören und nachzulesen ebenfalls auf Deutschlandfunk Kultur. Und keine Frage, es existiert in der riesigen Bloggerszene – in der Übersichtsliste im Blog Lesestunden sind momentan 1.268 Blogs eingetragen – eine große Bandbreite an inhaltlicher Qualität. Denn natürlich gibt es sie, die gruselig blinkenden Seiten voller Rechtschreibfehler. Aber es gibt eben auch die anspruchsvoll gestalteten Blogs mit Texten auf hohem Niveau. Ein Ziel der Kolumne auf BuchMarkt.de ist es, hier eine erste Orientierungshilfe zu bieten. 

Ganz bewusst schreibe ich »erste«, denn die Auswahl an Blogs und Texten stellt nur einen winzigen Auschnitt dar, auch wenn im Laufe der Zeit eine Menge zusammengekommen ist. Zum dreijährigen Jubiläum vor einem Jahr habe ich durchgezählt: 527 Beitragsempfehlungen aus 162 verschiedenen Buchblogs waren bis dahin zusammengekommen. Inzwischen dürften es einige mehr sein. Und natürlich ist die Auswahl nicht objektiv; es gibt immer wieder Themen und Bücher, die mich weniger interessieren als andere. 

Für mich ist es jedenfalls jeden Monat ein großes Vergnügen zu schauen, was die Bloggerkolleginnen und -kollegen veröffentlicht haben und ich entdecke dabei ständig Neues – eine äußerst inspirierende Beschäftigung. Es wäre schön, wenn »Kaffeehaussitzers Netzrückblick« zumindest ein wenig zur besseren Sichtbarkeit von Literaturblogs beigetragen hat. Und auch weiter beträgt – vielleicht sind dann eines Tages solche Daseinsberichtigungsdebatten wie die oben erwähnte tatsächlich obsolet. Hoffen wir das Beste. 

Oder, wie es Bloggerfreundin Nina Goldhammer auf Nina Gold so schön formulierte: »3 Gründe, warum du mehr Blogs lesen solltest«.

Hier geht es zu allen Kolumen von »Kaffeehaussitzers Netzrückblick«.

Eine Antwort auf „Vier Jahre Kaffeehaussitzers Netzrückblick“

  1. Lieber Uwe,

    da kann man eigentlich nur sagen: Danke für diese wunderbare Arbeit, die uns da jeden Monat präsentierst. Ich fiebere da an jedem Monatsende darauf, was für schöne Beiträge du diesmal zusammengestellt hast und freue mich auf weitere 48 Ausgaben (und gern mehr) von deinem monatlichen Rückblick in die Literaturblogs.

    Liebe Grüße
    Marc

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