Deutscher Buchpreis 2018: Die Longlist

Deutscher Buchpreis 2018: Die Longlist

Hier ist sie nun, die Longlist für den Deutschen Buchpreis 2018. Zwanzig Romane haben wir in der Jury-Sitzung ausgewählt. Zwanzig von knapp zweihundert; 165 Bücher waren eingereicht, weitere hatte die Jury zusätzlich angefordert. Herausgekommen ist nach einem langen Tag voller Diskussionen eine vielfältige und abwechslungsreiche Mischung aus deutschsprachiger Gegenwartsliteratur, die neben bekannten Namen auch viel Raum für Entdeckungen bietet. Jurysprecherin Christine Lötscher hat den offiziellen Text zur Longlist-Auswahl verfasst:

»Die Lage der Welt scheint den deutschsprachigen Autorinnen und Autoren auf den Nägeln zu brennen: Wie ist die Welt zu dem geworden, was sie heute ist? Wie hängt alles zusammen, und welche Geschichten lassen sich darüber erzählen? Ihre Romane versuchen diese Fragen in der ganzen poetischen Tiefe auszuloten, indem sie ihre Figuren als Reisende, Suchende oder Vertriebene ihre Vergangenheit und Gegenwart erkunden lassen. Die Vielfalt der literarischen Formen hat die Jury begeistert: Es gibt große historische, aber auch verspielt fantastische Weltentwürfe, ebenso wie Texte, die eine radikale Reduktion der Perspektive suchen, bis auf den Nullpunkt des Erzählens. Angesichts dieses Reichtums und vieler überraschender Entdeckungen ist die Longlist auch eine Einladung der Jury, dieses große Spektrum zu erkunden.«

Und das sind die nominierten Romane:

  • Maria Cecilia Barbetta: Nachtleuchten. S. Fischer Verlag
  • Carmen-Francesca Banciu: Lebt wohl, Ihr Genossen und Geliebten. PalmArtPress
  • Maxim Biller: Sechs Koffer. Kiepenheuer & Witsch
  • Susanne Fritz: Wie kommt der Krieg ins Kind. Wallstein Verlag
  • Arno Geiger: Unter der Drachenwand. Carl Hanser Verlag
  • Nino Haratischwili: Die Katze und der General. Frankfurter Verlagsanstalt
  • Franziska Hauser: Die Gewitterschwimmerin. Eichborn Verlag
  • Helene Hegemann: Bungalow. Hanser Berlin
  • Anja Kampmann: Wie hoch die Wasser steigen. Carl Hanser Verlag
  • Angelika Klüssendorf: Jahre später. Kiepenheuer & Witsch
  • Gert Loschütz: Ein schönes Paar. Schöffling & Co
  • Inger-Maria Mahlke: Archipel. Rowohlt Verlag
  • Gianna Molinari: Hier ist noch alles möglich. Aufbau Verlag
  • Adolf Muschg: Heimkehr nach Fukushima. Verlag C.H. Beck
  • Eckhart Nickel: Hysteria. Piper Verlag
  • Josef Oberhollenzer: Sültzrather. Folio Verlag
  • Susanne Röckel: Der Vogelgott. Jung und Jung Verlag
  • Matthias Senkel: Dunkle Zahlen. Matthes & Seitz Berlin
  • Stephan Thome: Gott der Barbaren. Suhrkamp Verlag
  • Christina Viragh: Eine dieser Nächte. Dörlemann Verlag

Ursprünglich hatte ich zu jedem Titel eine knappe Kurzvorstellung verfasst. Aber als Jury-Mitglied erschien es mir besser, die Bücher für sich selbst sprechen zu lassen, denn das ist der Sinn dieser Liste. Bei der Gelegenheit sei auf die Longlist-Broschüre mit Leseproben aller nominierten Romane hingewiesen, die in vielen Buchhandlungen kostenlos erhältlich sein wird. Oder als Gratis-E-Book bei NetGalley zum Download.

Und nun bleibt mir noch, ein abwechslungsreiches und inspirierendes Longlistlesen zu wünschen. Sechs dieser Titel werden am 11. September auf der Shortlist stehen und ein Roman aus der Shortlist erhält am 8. Oktober den Deutschen Buchpreis. Es bleibt spannend!

13 Antworten auf „Deutscher Buchpreis 2018: Die Longlist“

  1. Eine wahrhaft interessante, weil inspirierende Liste. So viel Lesestoff! Kompliment, wie die Jury das bewerkstelligt hat: Sie haben das sehr eindrucksvoll beschrieben! Einige Werke sind mir auch bekannt und „Unter der Drachenwand“ von Arno Geiger ging mir sehr unter die Haut. Auch wenn eine Nominierung für diesen Preis bereits eine grossartige Leistung ist, bin ich natürlich sehr gespannt, wer dieses Jahr gewinnen wird. Freilich haben wir begeisterten Leser und Leserinnen mit dieser großen Auswahl an guten Büchern auf jeden Fall schon gewonnen!

  2. Danke für die interessante Zusammenstellung! Es sind wirklich interessante vielversrechende Titel dabei. Evelin Brigitte Blauensteiner

  3. Hallo Uwe,
    danke für deinen Post! Die Liste ist interessant und ich werde mir auf jeden Fall ein paar der Bücher zu Gemüte führen. „Hier ist alles möglich“ durfte schon bei mir einziehen und wird auch als eines meiner nächsten Bücher gelesen!
    Liebe Grüße, Petra

  4. Viel Zeitgeistiges. Sogar allzu Politisches. Fukushima. Die Natur schlägt zurück. Krieg im Kind. Hm. Hm. Viel sehr Persönliches, auf sich selbst Zurückgezogenes. Wenig philosophisch-weltanschauliches. Nachdenken, unterscheiden und Entscheidungen treffen ist aus der Mode. Im Strom der Gefühle mittreiben ist „in“.

    „Der Gott der Bararben“ von Stephan Thome erscheint mir interessant: Im Fremden das Eigene erkennen: Sehr wichtig. Letztlich geht es wohl um die Erkenntnis, dass es nicht um Christentum vs. Was-immer geht, sondern um Humanismus und Aufklärung versus Traditionalismus und Fanatismus. Aber um das zu verstehen, muss man erst einmal Humanist sein. Die wenigsten können den Begriff halbwegs akzeptabel definieren. Humanität ist es jedenfalls nicht. Atheismus auch nicht. „Ich bin ok, Du bist ok“ auch nicht. Und so kommt es, dass „humanitär“ denkende Menschen gedankenlos das Böse in anderen Kulturen mit offenen Armen empfangen und nach Kräften fördern, weil es eben eine „andere Kultur“ sei, die man niemals-nicht nach „unseren“ Maßstäben messen dürfte. Oder sie glauben, die Probleme würde sich mit der Zeit ganz von selbst lösen, weil der gedankenlose Konsum der Gipfel der Aufklärung wäre, dem alles unweigerlich zustrebt. Das ist dann eben kein Humanismus.

    Ich bin sehr gespannt, ob Stephan Thome bis zu solchen Gedanken vordringt, wie genau seine Kritik an unserer Gesellschaft aussieht, ob er auch literarisch überzeugen kann, und ob er es in die Shortlist schafft.

  5. Danke für die Info. Nur ein Frage habe ich: Warum spielen Politik und Krieg und anderes aus vergangenen Zeiten bei der Vorauswahl (immer noch) eine derart gewichtige Rolle? Was ist mit den Problemen der Jetzt-Zeit, sind sie etwa unwichtiger? Wo bleibt die Gegenwart (bis auf einn paar Beispiele)? Das war mein spontaner Gedanke.

    1. Unsere Welt scheint jeden Tag mehr und mehr aus den Fugen zu geraten. Ein Trend in der Literatur sind (oftmals) autobiographisch inspirierte Familiengeschichten, die romanhaft verarbeitet werden und meist weit in die Vergangenheit zurückreichen. So als wollen sich die Menschen vergewissern, wo sie herkommen; vielleicht um so besser ihren Platz finden zu können in einer Gesellschaft, in der es immer weniger Gewissheiten zu geben scheint.

  6. Mir gefällt die Liste auch, ich habe allerdings ziemlich daneben gelegen mit meinen Vermutungen. Das macht aber nichts, und es war irgendwie auch zu erwarten. Mich würde ja zu sehr interessieren, bei welchen Romanen die Jury sich einig war, wo gestritten wurde, was es vielleicht knapp nicht geschafft hat… Aber es versteht sich von selbst, dass das geheim ist. Einige der Romane stehen auf meiner Leseliste, zwei der Bücher kenne ich schon und mochte sie sehr (Kampmann und Mahlke), und ich bin jetzt schon gespannt, was davon es auf die Shortlist schafft…

  7. Ganz tolle Auswahl! Beim Lesen kann mann schon eine kleine literarische Weltreise mache. Gefällt mir richtig gut. Bus auf zwei Bücher würde ich alle anderen gerne lesen.
    GlG, monerl

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