»Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt.« Diese Worte sind einer der berühmtesten ersten Sätze der Literaturgeschichte. Sie haben sich schon längst verselbständigt und ähnlich wie »Call me Ishmael« oder »Aber Jakob ist immer quer über die Gleise gegangen« muss man nichts weiter dazu sagen; jeder weiß, welcher Text auf diese Weise beginnt. Und das ist nicht weiter verwunderlich, denn dieser eine Satz, mit dem uns Gregor Samsa vorgestellt wird, ist perfekt. Ich kann mich noch daran erinnern, als ich ihn vor etlichen Jahren das erste Mal gelesen habe: Ich war irritiert, fasziniert und wurde voller Neugier sofort in diesen ungewöhnlichen Text hineingezogen. Und habe ihn – wie so viele andere Leser – nie wieder vergessen. Deshalb möchte ich mich in diesem Blogbeitrag mit drei unterschiedlichen Ausgaben der Erzählung »Die Verwandlung« von Franz Kafka beschäftigen. Mit drei ganz besonderen Ausgaben. „Samsa. Gregor Samsa.“ weiterlesen
Zeig doch mal die Bilder (Teil 1)
Die literarische Gattung der Graphic Novels habe ich erst spät für mich entdeckt. Nicht unbeteiligt daran war das Bummeln durch die Buchblogs, bei dem ich immer wieder darauf neugierig gemacht wurde. Und schnell habe ich dadurch staunend den Zutritt in eine mir bis dahin unbekannte Welt gefunden, eine Welt voller Überraschungen, vielseitig, bunt und spannend.
Dieser Prozess ist mir gerade bewusst geworden, als ich vor meinem Bücherregal stand, auf der Suche nach der nächsten Lektüre. Dabei ist mir aufgefallen, dass sich inzwischen ein ganzer Stapel Graphic Novels darin angesammelt hat, wenn auch noch in bescheidenem Ausmaß; thematisch und künstlerisch vollkommen unterschiedliche Werke. Irgendwie ein guter Anlass für eine Bestandsaufnahme und eine kurze Vorstellungsrunde. „Zeig doch mal die Bilder (Teil 1)“ weiterlesen
Graphic-Novel-Werkstattbericht
Es ist noch nicht so lange her, seit ich Graphic Novels als Literatur- und Kunstform für mich entdeckt habe. Gleichzeitig bin ich begeisterter Leser der Krimireihe rund um den Ermittler Gereon Rath. Wenn dann der erste Band dieser Reihe – »Der nasse Fisch« – als Graphic Novel erscheint und wenn Zeichner und Romanautor gemeinsam das Werk im Kölner Literaturhaus vorstellen – dann ist ja klar, dass ich mir diesen Abend auf keinen Fall entgehen lassen konnte. Und jede Minute hat sich gelohnt; es war eine ungemein spannende Veranstaltung, die den zahlreich erschienenen Zuhörern und Zuschauern die Entstehung einer Graphic Novel auf eine beeindruckende Art näher gebracht hat. „Graphic-Novel-Werkstattbericht“ weiterlesen
Das Castro-Special
Fidel Castro ist 90 geworden. Es ist zum einen beinahe unglaublich, dass ein Mensch mit dem Lebenslauf eines Berufsrevolutionärs ein solches Alter erreicht. Zum anderen ist sein Name unverrückbarer Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses der letzten Generationen: Er war immer da. Jahrzehntelang. Und hat unzählige Menschen – mich eingeschlossen – schon immer fasziniert. Warum ist das so?
[Nachtrag: Am 25. November 2016, fast genau drei Monate nach Veröffentlichung dieses Beitrags, ist Fidel Castro im Alter von 90 Jahren gestorben.]
Natürlich weiß ich, dass Kuba kein freies Land ist. Dass der Versuch, eine gerechtere Gesellschaft mit ungerechten Methoden durchzusetzen, zum Scheitern verurteilt ist. Und dass ein kommunistischer Staat jedes Mal – nicht nur in Kuba – ein Synomym für Unterdrückung und Mangelwirtschaft geworden ist. Gleichzeitig erleben wir in zunehmendem Maße, wie die sogenannte freie Marktwirtschaft und der Neoliberalismus die Schere der nationalen und globalen Ungerechtigkeiten immer weiter auseinanderklaffen und unseren Planeten auf einen ökologischen Kollaps zusteuern lassen. Die Person Fidel Castros ist deshalb für viele ein Symbol für zumindest den Versuch, die Welt zu ändern. Mehr noch als Che Guevara, der anderen Gallionsfigur der Weltrevolution, der allerdings in seinem radikalen Idealismus nicht gezögert hätte, den Klassenfeind in einem atomaren Weltkrieg zu vernichten, wenn dies möglich gewesen wäre.
Fidel Castro ist Revolutionär, Macho, Politiker, Präsident, graue Eminenz, gehasster Feind, verehrte Ikone und, wenn man sich klarmacht, was er tatsächlich erreicht hat, tragische Figur – alles in einer Person. »Ein Leben wie aus einem lateinamerikanischen Abenteuerroman – mit dem kleinen Unterschied, dass die Geschichte nicht erfunden, sondern wahr ist. So wahr, wie man sie auch gar nicht erfinden könnte, ohne unglaubwürdig zu wirken. Der kubanische Revolutionsführer war und ist eine der interessantesten und umstrittensten Personen der Zeitgeschichte, Hass- und Heldenfigur, Mythos und Teufel gleichermaßen. Selbst Che Guevara, die ewige Pop-Ikone, wäre nichts geworden ohne Fidel Castro. Es gab kaum einen Politiker der Neuzeit, der so intelligent, gebildet und belesen, groß und gut aussehend, charismatisch wie charmant und mit einem ebenso überzeugenden wie gefährlichen Macho- und Machtinstinkt ausgestattet war wie er.« Das schreibt Castro-Biograph Volker Skierka in seinem Vorwort für die Graphic Novel »Castro« von Reinhard Kleist. Und diese Graphic Novel ist eines von vier Büchern, die ich in diesem Castro-Special vorstellen möchte. „Das Castro-Special“ weiterlesen
Das Jahrhundertgemetzel
Vor zwei Jahren startete das Leseprojekt Erster Weltkrieg, als sich der Beginn dieses vierjährigen Gemetzels zum hundertsten Mal jährte. Vier Jahre sind eine lange Zeit, doch auch in diesem 51monatigen Morden gab es Fixpunkte, die bis heute symbolisch für die industrialisierte Kriegsführung stehen, bei der Millionen von Soldaten nichts weiter waren als Menschenmaterial oder Kanonenfutter. Der Kampf um Verdun und die Schlacht an der Somme gehören ohne Zweifel dazu. Und beide Ereignisse sind 2016 genau ein Jahrhundert her. Der Graphic-Novel-Künstler Joe Sacco beschreibt in seinem Werk »Der Erste Weltkrieg – Die Schlacht an der Somme« die Geschehnisse an der Somme auf eine ganz besondere Weise. „Das Jahrhundertgemetzel“ weiterlesen
Der Funke in der Munitionsfabrik
Terroristische Anschläge und deren Gründe beherrschen die aktuelle Nachrichtenlage. Aber sie sind kein neues Thema, denn Attentate aus politischen, ideologischen oder fanatisch-religiösen Anlässen gibt es schon immer. Vor etwas mehr als einem Jahrhundert setzten die Schüsse des serbischen Terroristen Gavrilo Princip die halbe Welt in Brand, als er in Sarajevo den östereichisch-ungarischen Thronfolger und dessen Frau erschoß. Serbe, Nationalist, Terrorist – wer war dieser Princip? Wie wurde er zu einem Attentäter, der bereit war, sein eigenes Leben für diesen Anschlag wegzuwerfen? Was waren seine Beweggründe? Darüber gibt ein ganz besonderes Buch Auskunft, die Graphic Novel »Der Attentäter« von Henrik Rehr. Der Untertitel macht das Anliegen des Autors und Zeichners deutlich, »Die Welt des Gavrilo Princip« zu beschreiben. „Der Funke in der Munitionsfabrik“ weiterlesen
Die Mauer ist offen
Dieses Bild eines Hauses der Brunnenstraße in Berlin-Mitte zeigt eindrucksvoll, wie man 25 Jahre Geschichte mit einem einzigen Satz zusammenfassen kann. Es sind tatsächlich schon zweieinhalb Jahrzehnte vergangen, seit ich mit ein paar Freunden zusammen abends vor dem Fernseher saß und wir fassungslos sahen, wie die Menschen in Berlin auf der Mauer standen, jubelten, tanzten und der Strom der Trabbis gen Westteil der Stadt einsetzte. Es war unglaublich und wir ahnten, wussten, dass wir gerade Zeugen eines historischen Umbruchs wurden. „Die Mauer ist offen“ weiterlesen