17415. Siebzehntausendvierhundertfünfzehn. Diese Zahl steht im Mittelpunkt des Romans »Ein Lied für die Vermissten« von Pierre Jarawan. Es ist die Anzahl der Menschen, die während des Bürgerkriegs im Libanon verschwanden – und bis heute vermisst werden. Während des Bürgerkriegs, der von 1975 bis 1990 vor allem in und um Beirut ausgetragen wurde, der eine der schönsten und multikulturellsten Städte des Mittelmeers in Schutt und Asche legte und der tiefe Wunden in den Seelen der Menschen dort hinterlassen hat. Diese Wunden sind nur schlecht vernarbt, sie drohen ständig wieder aufzureißen – doch von offizieller Seite wird alles getan, um nicht darüber reden zu müssen. Pierre Jarawan – dessen Eltern den Libanon 1982 verließen, als die alltägliche Gewalt einen Höhepunkt erreicht hatte – erzählt in seinem Roman die Geschichte von Amin, der auf der Suche nach der Vergangenheit seiner Familie uns Leser tief hineinführt in die Tragik jener Zeit. „Denkmal für die Verschwundenen“ weiterlesen
Unsere Welt. Nur anders
Natürlich war mir das Buch mit dem düsteren Cover und dem einprägsamen Titel schon in einer der Buchhandlungen meines Vertrauens aufgefallen. Doch spätestens nach der mitreißenden Besprechung im Blog masuko13 war klar, dass ich an dem Roman »American War« von Omar El Akkad auf keinen Fall vorbeikommen würde. Und es hat sich gelohnt, denn diese finstere Geschichte wird für eine lange Zeit im Gedächtnis bleiben.
Um was geht es? Der Titel sagt es schon, um einen amerikanischen Krieg. Genauer: Um den zweiten amerikanischen Bürgerkrieg, der zwischen den Jahren 2074 und 2095 stattgefunden hat und über den rückblickend berichtet wird. Um eine Welt in Auflösung; die letzten zwei Sätze des Prologs fassen das gesamte Buch zusammen: »Dies ist keine Geschichte über den Krieg. Es ist eine Geschichte über Zerstörung.« Und zerstört wird im Laufe der Handlung nicht nur das Land, nicht nur die Städte, nicht nur Straßen und Brücken und Bahnlinien. Zerstört werden die Menschen, auch wenn sie nicht ihr Leben im Krieg verlieren. Zerstört wird alles, was das menschliche Miteinander ausmacht. „Unsere Welt. Nur anders“ weiterlesen
Vaters Land
Am plötzlichen und spurlosen Verschwinden seines Vaters droht ein Heranwachsender zu zerbrechen. Über zwanzig Jahre später macht er sich auf die Suche nach dem Verschwundenen, um sein zerrüttetes Leben in den Griff zu bekommen. So könnte man das Buch »Am Ende bleiben die Zedern« von Pierre Jarawan mit ein paar dürren Worten zusammenfassen. Doch das würde diesem Roman mit seiner poetischen Sprache und einer bewegenden und dramatischen Geschichte in keinster Weise gerecht werden. Ganz und gar nicht. „Vaters Land“ weiterlesen
Todsichere Geschäfte
Eigentlich sollte es selbstverständlich sein, dass man sein Geld nicht mit Produkten verdient, die dazu hergestellt werden, um andere Menschen zu töten, zu verstümmeln, zu verletzen. Leider ist diese moralische Messlatte völlig verrutscht, die Rüstungsindustrie boomt und soeben wurden neue Zahlen über deutsche Waffenexporte veröffentlicht, die so hoch sind wie nie zuvor: Für fast sechs Milliarden Euro wurde 2013 Kriegsgerät ins Ausland verkauft (Nachtrag 2019: Tendenz steigend). Der Waffenhandel ist eine Welt für sich, völlig jenseits von Moral und Anstand, und in diese Welt der skrupellosen Geschäftsleute, halbseidenen Manager, schmierigen Politiker und korrupten Beamten führt uns das Buch »Ein paar Tage Licht« von Oliver Bottini. Doch es geht darin nicht nur um Waffenhandel, sondern um den Kampf für Freiheit, die Verstrickungen der Geheimdienste, ein autokratisches Regime, die Schatten der Vergangenheit und um eine Liebesgeschichte. Eine starke Mischung, aus der ein mitreißendes Buch entstanden ist. „Todsichere Geschäfte“ weiterlesen