Max Goldt und das Organ der Niedertracht

Ein Organ der Niedertracht - Max Goldt über die Bild-"Zeitung"

Eine Konstante in meinem Leben ist die Verachtung für die Bild-»Zeitung«. Sie ist in meinen Augen ein Synonym für Neid, Missgunst, Zynismus, Hetze und billigstem Populismus. Umso erschreckender ist es, wenn jeden Morgen Millionen von Menschen dem – wie man zähneknirschend zugeben muss – markanten Slogan Bild dir deine Meinung folgen und ihr einfaches Weltbild Tag für Tag bestätigt finden. Ich kann mich rühmen, noch nie eine dieser »Zeitungen« angefasst zu haben, bis auf einmal, als sie im Briefkasten lag und ich sie mit spitzen Fingern dorthin bringen musste, wo sie hingehört: In die Mülltonne.

Im Zuge der Griechenland-Krise hatte die perfide Berichterstattung einen neuen Tiefpunkt erreicht; das ging bis zu einem Schreiben der Bild-Redaktion an Abgeordnete des Deutschen Bundestags. Sollte damit deren Abstimmungsverhalten in der Diskussion um einen neuen Griechenland-Kredit beeinflusst werden? War zwischen den Zeilen nicht sogar eine Drohung erkennbar? Die Fragezeichen sind ein alter Boulevard-»Zeitungs«-Trick, um eine Aussage nicht beweisen zu müssen; das kann ich auch. Wer sich selbst eine Meinung bilden möchte: das Schreiben wurde auf Twitter veröffentlicht.

Aber man kann noch so viel über dieses Blatt schimpfen, eigentlich hat der Schriftsteller Max Goldt mit gewohnt spitzer Feder bereits alles dazu gesagt, was es zu sagen gibt. Und es so perfekt auf den Punkt gebracht, dass sein Text über die Bild-»Zeitung« mir seit Jahren ein treuer Weggefährte ist, einer meiner Textbausteine*:

»Diese Zeitung ist ein Organ der Niedertracht.
Es ist falsch, sie zu lesen.
Jemand, der zu dieser Zeitung beiträgt, ist gesellschaftlich absolut inakzeptabel.
Es wäre verfehlt, zu einem ihrer Redakteure freundlich oder auch nur höflich zu sein.
Man muss so unfreundlich zu ihnen sein, wie es das Gesetz gerade noch zulässt.
Es sind schlechte Menschen, die Falsches tun.«

Auch wenn ich mich wiederhole, aber mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen.

Doch noch ein Nachtrag: Diesen Text habe ich ursprünglich am Montag, den 23. März 2015 geschrieben. Einen Tag später ereignete sich der furchtbare Germanwings-Flugzeugabsturz. Die Tage danach stand ich sprachlos vor den sensationslüsternen Titelblättern der Boulevardpresse, allen voran natürlich das Blatt, um das es hier geht. Es ist einfach nur unfassbar und das Zitat von Max Goldt aktueller denn je.

* In vielen Büchern habe ich Stellen angestrichen, die mir im Gedächtnis haften geblieben sind und die ich immer wieder lese. Solche Stellen begleiten mich seit Jahren, es sind die Textbausteine meiner Bücherwelt.

Buchinformationen
Max Goldt, Der Krapfen auf dem Sims
Rowohlt Taschenbuch
ISBN 978-3-499-24880-1 

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6 Antworten auf „Max Goldt und das Organ der Niedertracht“

  1. Ich trommele und trompete das seit 35 Jahren. Allein – es ist sinnlos und die Rufe bleiben ungehört. Aber auf mich und auf unsereins kommt es nicht an. Andere wie Wallraff oder Niggemeiers Bild-Blog seinerzeit beschrieben das Phänomen Bild bis ins Detail und wiesen auf die Lügen dieses Blattes, doch es nützte das alles nichts. Die knappen Slogans bleiben Vorbild auch für Journalisten und im Zeichen einer postmodern-zynischen Ironie, die noch das Trivialste in den Adelsstand erhob, ward die Bild-„Zeitung“ weiter aufgewertet.

    Max Goldts Satz ist absolut zuzustimmen. Diese Zeitung jedoch nicht zu lesen, halte ich für falsch. Man muß seine Feinde sehr genau kennen. Kai Dickmann ist und bleibt eines: Gegner, mag er sich auch noch so witzig und locker gebären. Immerhin schafft er es mittlerweile auszusehen, wie ein Taliban-Terrorist. Unfreiwillig zu dieser „Zeitung“ passend immerhin. Daraus ließe sich dann wiederum eine dieser herrlichen Max Goldt-Kolumnen schreiben.

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