Weit oben in den Bergen

Regina Denk: Die Schwarzgeherin

Als ich mir Gedanken darüber gemacht habe, wie ich die Vorstellung des Romans »Die Schwarzgeherin« von Regina Denk beginnen könnte, ist mir aufgefallen, dass hier im Blog inzwischen etliche Romane zusammengekommen sind, die weit oben in den Bergen spielen. Und es geht darin meist um Menschen, die in einer Umgebung, einer Landschaft überleben müssen, die keinen Fehler verzeiht. Oft um Einzelgänger, die versuchen, aus gesellschaftlichen Strukturen auszubrechen oder sich mit ihnen auseinanderzusetzen, ihnen vielleicht sogar Risse zuzufügen. Es sind festgefügte Regeln des Zusammenlebens, die sich über die Jahrhunderte geformt haben und die – bedingt durch die Einsamkeit und Lebensfeindlichkeit der Berge – noch undurchdringlicher sind als anderswo. Ein weiterer Gedanke: Vielleicht hat die Faszination für Bücher, deren Handlung im Gebirge angesiedelt ist, auch damit zu tun, dass ich in Sichtweite der Alpen aufgewachsen bin, wer weiß.

Menschen in Ausnahmesituationen, auf sich allein gestellt; Menschen die kämpfen müssen, um ihren eigenen Weg zu gehen – das ist eines der klassischen literarischen Themen, von denen ich nie genug bekomme. In den Bergen angesiedelt entsteht dabei eine Situation, in der es kein Ausweichen geben kann und in der alles auf ein Drama hinausläuft. Hinauslaufen muss. Und trotz der ähnlichen Rahmenbedingungen erzählt jeder dieser Romane seine Geschichte auf eine einzigartige Weise. So, dass man sie nicht wieder vergisst. »Die Schwarzgeherin« ist eines dieser Bücher. „Weit oben in den Bergen“ weiterlesen

In der Entfremdungszone

Mechtild Borrmann: Die andere Hälfte der Hoffnung

Ein idyllischer Anblick: Ein kleines Holzhäuschen, inmitten von Birkenwäldern. Ein Garten, umgeben von einem baufälligen, an vielen Stellen geflickten Zaun. Ein Garten, der Gemüse und Obst liefert, Kartoffeln, Kohl, Gurken, Äpfel, Rote Beete und vieles mehr. So lebt Walentyna, eine ältere Frau, die sich in diese Oase der Ruhe zurückgezogen hat. Aber die Idylle täuscht. Und wie sie täuscht, denn das Häuschen steht mitten in der Entfremdungszone, wie die Ukrainer das Sperrgebiet rund um das ehemalige Kernkraftwerk Tschernobyl nennen. In dieser verlassenen Gegend, immer noch hoch radioaktiv, inmitten zerfallener Städte, ausgeplünderter und von der Natur überwucherter Dörfer leben heute tatsächlich Menschen. Diejenigen, die nichts mehr zu verlieren haben. Walentyna gehört zu ihnen, denn sie hat bereits alles verloren. Mechtild Borrmann erzählt in »Die andere Hälfte der Hoffnung« ihre Geschichte. „In der Entfremdungszone“ weiterlesen