Als Trauermusik im Radio lief

Andreas Pflueger: Wie Sterben geht

Im Februar 2017 schrieb ich hier im Blog: »Um gleich einmal mit der Tür in Haus zu fallen: »Endgültig« von Andreas Pflüger ist einer der besten deutschen Kriminalromane, den ich in den letzten Jahren gelesen habe. Punkt.« Diesen Einstieg würde ich am liebsten noch einmal verwenden, wieder für einen Roman von Andreas Pflüger; diesmal ist es – man ahnt es schon – »Wie Sterben geht«. Ein Agententhriller vom Feinsten, der gerade eine begeisterte Besprechung nach der anderen erhält. Der Vergleich mit John Le Carré ist regelmäßig zu lesen und auch ich dachte bei der Lektüre unweigerlich an den Großmeister des Spionageromans. Und ja, »Wie Sterben geht« hält diesem Vergleich locker stand, auch wenn Le Carrés Romane – zumindest diejenigen, die ich kenne – fast noch eine Spur düsterer sind. Und düster ist es bei Andreas Pflüger, denn die Handlung führt uns in die Zeit des Kalten Krieges, als sich die Nato und die Warschauer-Pakt-Staaten waffenstarrend gegenüberstanden, sich in einem bedrohlichen Patt belauerten, während hinter den Kulissen erbittert um das gekämpft wurde, wofür alle Geheimdienste dieser Welt bereit sind, über Leichen zu gehen. Um Informationen. „Als Trauermusik im Radio lief“ weiterlesen

Ein Echo aus der Vergangenheit

Leif Davidsen: Der Augenblick der Wahrheit

Es gibt mehrere Kriterien, nach denen ich entscheide, ob ein gelesener Roman dauerhaft im Bücherregal bleibt oder nicht. Eine wichtige Frage ist dabei: Hat mich das Buch so begeistert, dass ich mir vorstellen könnte, es noch einmal zu lesen? Denn das mache ich gerne und manchmal ist es sehr spannend, wie ganz anders das Erzählte auf einen wirken kann, wenn seit der ersten Lektüre viele Jahre vergangen sind. So geschehen bei »Der Augenblick der Wahrheit« von Leif Davidsen; ein Roman, den ich vor etwa zwanzig Jahren las – und in dem ich beim erneuten Lesen viele Textstellen fand, die mir damals kaum aufgefallen waren, die dieses Mal aber eine vollkommen andere Stimmung schufen. „Ein Echo aus der Vergangenheit“ weiterlesen

Am Leben bleiben

Anthony Price: Die Chandos-Falle

Frühmorgens sieht Jack Butler am Ufer der Loire die Morgendämmerung heraufziehen. Langsam taucht die andere, die südliche Seite des Flusses im Dunst auf; Baumgruppen, Büsche, dahinter Felder und einzelne kleine Häuschen schälen sich nach und nach aus dem Morgennebel. Es ist ein Moment voll andächtiger Stille, eine beindruckende Stelle im Roman »Die Chandos-Falle« von Anthony Price. Doch dieser Moment täuscht. Denn Jack Butler ist eigentlich Corporal Jack Butler, Angehöriger der britischen Armee. Es ist der Sommer des Jahres 1944 und Butler ist Teil einer Kommandoeinheit, die hinter die feindlichen Linien vordringen soll. Und die feindlichen Linien beginnen am südlichen Ufer der Loire. „Am Leben bleiben“ weiterlesen

Chiles 11. September

Roberto Ampuero: Der letzte Tango des Salvador Allende

Das Datum 11. September ist heute untrennbar mit den Ereignissen im Jahr 2001 verknüpft, durch die sich die Welt veränderte und die USA hochgradig traumatisiert wurden. Aber 28 Jahre zuvor gab es schon einmal einen 11. September, und damals waren die USA nicht Opfer, sondern Täter oder zumindest Anstifter und Unterstützer. Es war im Jahr 1973, als der Oberbefehlshaber der chilenischen Streitkräfte Augusto Pinochet durch einen Staatsstreich die Macht an sich riss und den Präsidenten Salvador Allende gewaltsam aus dem Amt putschte. Allende kam dabei ums Leben, eine Schreckensherrschaft Pinochets und seiner Militärjunta folgte, bei der Tausende von Menschen ermordet wurden. Die Aufarbeitung dieser Ereignisse dauert an. Bis heute.

Der Roman »Der letzte Tango des Salvador Allende« des chilenischen Schriftstellers Roberto Ampuero führt uns hinein in diese dramatische Zeit, es ist ein bewegendes Buch über ein Land im Umbruch. „Chiles 11. September“ weiterlesen

Romanhelden in der Matrix

Håkan Nesser: Himmel über London

»Himmel über London« von Håkan Nesser ist eines der irritierendsten Bücher, das ich in letzter Zeit gelesen habe. Und eines der faszinierendsten. Eigentlich hatte ich Lust auf einen Krimi und gedacht, dass ich da mit dem neuen Nesser nichts falsch machen kann. Nur dass »Himmel über London« gar kein Krimi ist. Aber allein die Sprache hat mich gleich in ihren Bann gezogen, die Handlung versprach konfliktreich und spannend zu werden, es ging um ein Geheimnis, eine Reise in die Vergangenheit. Und dann wurde alles ganz anders. So richtig anders. „Romanhelden in der Matrix“ weiterlesen