Eine Epoche der Bücher

Tobias Roth: Welt der Renaissance

Seit Monaten lese ich in diesem Buch; den einen Abend ein, zwei Kapitel, den anderen Abend lediglich ein paar Seiten, immer mit großer Konzentration. Und es ist jedes Mal ein Genuss, denn stets schickt es mich auf eine Zeitreise in eine der faszinierendsten und spannendsten Epochen unserer Geschichte, lässt mich alte Texte entdecken, Zusammenhänge verstehen, das eigene Wissen vertiefen und ein Verständnis dafür entwickeln, wie gigantisch die kulturellen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umwälzungen jener Zeit waren, prägend für die Jahrhunderte danach. Und dazu ist dieses Buch ein gestalterisches Gesamtkunstwerk – die Rede ist von dem voluminösen Prachtband »Welt der Renaissance« von Tobias Roth. „Eine Epoche der Bücher“ weiterlesen

Völker, seht die Signale

The Soviet Photobook 1920 - 1941

Der im Steidl Verlag erschienene, monumentale Band »The Soviet Photobook 1920 – 1941« ist ein Photobuch. Über Photobücher. Über sehr besondere und sehr seltene Photobücher. Mikhail Karasik hat in jahrelanger mühsamer Kleinarbeit in russischen Archiven nach Photobänden aus der Zeit zwischen 1920 und 1941 gesucht, einer Epoche, in der die Photographie in die Propagandamaschinerie der Sowjetunion fest eingebunden war, in der aber auch Meisterwerke der Photokunst und der Gestaltung entstanden sind. Diese Bücher sind heute zu großen Teilen kaum noch bekannt und nur sehr schwer zu erhalten; es ist das Verdienst der Herausgeber mit dem vorliegenden Prachtband einen spannenden Einblick in diese Epoche der Photographie zu geben.

Durch die Bilderserie am Schluss dieses Beitrags kommt noch eine weitere Dimension hinzu: Ein Photoalbum zu einem Photobuch über Photobücher.

The Soviet Photobook 1920 - 1941

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Ein Textbaustein* aus Mittelerde

J.R.R. Tolkien: Der Herr der Ringe

»Der Herr der Ringe« von J.R.R. Tolkien erzählt die alte Geschichte vom Kampf Gut gegen Böse und gehört schon seit vielen Jahren zu meinem persönlichen literarischen Kanon. Eine sprachlich herausragende Erzählung und so unglaublich vielschichtig, dass man bei jedem wiederholten Lesen immer wieder neue Details entdeckt oder sogar das Gefühl hat, ein gänzlich anderes Buch in der Hand zu halten als beim letzten Mal. Eine Abenteuergeschichte. Ein Roadmovie. Ein Märchen. Ein Gleichnis. Eine Sage, mystisch. Freundschaft, Kampf, Liebe, Zweifel, Überlebenswille. Alles dabei. Und geschrieben wurde es viele, viele Jahre bevor man den Gattungsbegriff Fantasy erfunden hat, in den das Buch heute gerne hineinkatalogisiert wird. „Ein Textbaustein* aus Mittelerde“ weiterlesen

Mahlzeit!

Ueber Kochbücher und Jamie Oliver

»Gestern Pirat, heute privat.« An diesen Satz denke ich oft, wenn ich vor meiner Kochbuchsammlung stehe. Er gibt sehr anschaulich wieder, wie sich das Leben etwa ab 35 zu verändern beginnt, langsam aber sicher. Mein erstes Kochbuch war »Kochen für Freunde« von Jamie Oliver und es war ein Geschenk zum 30. Geburtstag. Bekommen habe ich es ausgerechnet von einem meiner besten Freunde, den ich schon seit der Grundschule kenne, mit dem dem ich unzählige lustige und völlig chaotische Geschichten erlebt habe. Mit dem ich in den Urlaub getrampt bin, Bier aus Dosen trinkend vor dem Zelt saß, Nächte durchgefeiert habe. Viel Spaß und wenig Sorgen hatte, durchs Leben treibend, ziellos, orientierungslos, aber meistens gut gelaunt. Und er schenkt mir also vor etlichen Jahren dieses Kochbuch. „Mahlzeit!“ weiterlesen

Blutgeld für schöne Bücher

James Agee und Walker Evans: Preisen will ich die großen Männer

Letzte Woche habe ich mir nach vielen Jahren wieder einen Band der Anderen Bibliothek gekauft. Es ist das Buch »Preisen will ich die großen Männer« von James Agee mit den Photographien von Walker Evans. 1941 das erste Mal erschienen, war es das Ergebnis eines Rechercheprojekts des Autors und des Photographen, mit dem sie über die Lebensbedingungen der Farmerfamilien im Süden den USA berichteten. Es war eine Reise in die bitterste Armut – hohlwangige Männer, verhärmte Frauen, ernste Kinder und halbzerfallene Häuser. Die Weltwirtschaftskrise und die große Depression hatten in den USA ihre Spuren hinterlassen. Die Texte und Photos, die so zusammengetragen wurden, machen auch heute noch einen tiefen und bewegenden Eindruck. „Blutgeld für schöne Bücher“ weiterlesen

Könige der Lässigkeit

Don Winslow: Kings of Cool

Dieses Buch ist, naja, einfach cool. Ich weiß, das war jetzt ein etwas schwacher Einstieg, aber es handelt sich dabei um ein Buch, das man schon als Gegenstand einfach haben muss. »Kings of Cool« von Don Winslow ist wunderschön gestaltet: Ganz in schwarz, sogar der Buchblock ist ringsum eingefärbt, ein Einband in Samtanmutung mit plakativ eingeprägter weißer Schrift. Ein großes Kompliment an die Herstellungsabteilung des Suhrkamp-Verlags. „Könige der Lässigkeit“ weiterlesen