Das Weimar-Gefühl

Rüdiger Safranski: Goethe & Schiller - Geschichte einer Freundschaft

Durch Weimar zu streifen ist für mich etwas ganz Besonderes, schon fast etwas Magisches. Zwei Mal war ich in dieser Stadt, einmal 1999 und einmal 2015, vor wenigen Wochen. Ein interessanter äußerlicher Gegensatz: Gab es früher die bröckelnden Reste der sozialistischen Planwirtschafts-Tristesse zu bestaunen, so war man jetzt umgeben von beinahe überrestaurierten Gebäuden. Aber immer hat diese Stadt eine ganz besondere Ausstrahlung, die alten Straßen, Plätze, Gassen und Häuser atmen beinahe Geschichte – und das ist ja auch kein Wunder, es gibt wohl kaum einen anderen Ort in Deutschland, in dem die absoluten Höhepunkte und grausigsten Tiefen unserer Vergangenheit so dicht beiander liegen. Über diese Symbolik ist schon viel geschrieben und geredet worden, ragt doch schon von weitem sichtbar das Mahnmal des Konzentrationslagers Buchenwald über der Stadt auf.

Aber in diesem Text soll es nicht um dieses Düstere gehen, denn meine letzte Reise nach Weimar hat mich mitten hineingeführt in eine Zeit, in der sich die Menschen einen solchen Absturz in die Barbarei niemals hätten vorstellen können. Als Reiselektüre hatte ich nämlich das Buch »Goethe & Schiller – Geschichte einer Freundschaft« von Rüdiger Safranski dabei. Und es hat mir die beiden großen Dichter, die Stadt und die literarische Epoche so nahegebracht wie nie zuvor. „Das Weimar-Gefühl“ weiterlesen

Abgetaucht in der Lesearche

Anfang der 2000er-Jahre haben sich Freiburger Freunde einen Lebenstraum verwirklicht und sich einen Schwarzwald-Bauernhof gekauft. Ein wunderschönes Gebäude, ganz aus Holz und über 300 Jahre alt. Seitdem leben sie dort auf tausend Meter Höhe, etwas versteckt an einem Berghang gelegen, vermieten einfache Ferienwohnungen und betreiben ökologische Landwirtschaft mit einer Handvoll Kühen, Hühnern, Ziegen, Eseln und einer Katze. Für einen Stadtmenschen wie mich ist ein Besuch dort immer wie ein Ausflug in eine andere Welt, fast wie in einem Paralleluniversum. Keine Autogeräusche, nur der Wind in den Bäumen und das Rauschen des Baches, der die Turbine für die autarke Stromversorgung antreibt. Und absolut keinen Mobilfunkempfang. Ich bin dort immer unheimlich gerne, nur leider viel zu selten. Die letzten Tage habe ich wieder einmal in dieser schönen Abgeschiedenheit verbracht und diesmal war mein Besuch dort geprägt von intensiven Leseerlebnissen. Eine perfekte Kombination. „Abgetaucht in der Lesearche“ weiterlesen

Kafkaesk in Prag

Kafkaesk in Prag

Anfang 1996 arbeitete ich als Buchhändler und verkaufte Reiseführer. Beim Auspacken einer Kiste mit Novitäten fiel mir ein schmales Buch in die Hände, das eines meiner intensivsten Leseerlebnisse überhaupt auslöste. Der Titel lautete »Cafés in Prag« und machmal gibt es Momente, in denen man ganz plötzlich eine Eingebung hat oder eine plötzliche Idee, oder ein Plan glasklar vor dem inneren Auge erscheint. Das war ein solcher Moment. Einen Monat später kaufte ich eine Zugfahrkarte nach Prag und machte mich auf den Weg. „Kafkaesk in Prag“ weiterlesen