Die Djian-Dekade

Philippe Djian

Seit Jahren ist es ein festes Ritual: Ein neues Buch von Philippe Djian erscheint, also gehe ich in eine Buchhandlung und kaufe es. Dann lese ich es und stelle es zu den anderen Djian-Büchern ins Regal. So auch dieses Jahr mit »Wie die wilden Tiere«, letztes Jahr und die Jahre davor. Etwas wurde anders im Lauf der Zeit: Früher waren seine Bücher im Stapel vorhanden, dann wurden die Stapel kleiner. Und dieses Jahr war nur ein einziges Exemplar da. Letzes Jahr kannte die Buchhändlerin den Namen des Autors nicht. Sie war sehr jung, etwa in dem Alter in dem ich war, als ich zum ersten Mal von Djian hörte. Wann war das noch mal? Was ist geschehen? Wir sind älter geworden. „Die Djian-Dekade“ weiterlesen

Graf Draculas Osteuropa

Elizabeth Kostova: Der Historiker

Heute schreibe ich etwas über einen Vampirroman. Halt, halt, jetzt bitte nicht wegklicken, »Der Historiker« von Elizabeth Kostova ist ernstzunehmende Literatur ganz im Sinne von Bram Stoker. Das Buch transportiert grandios die Graf-Dracula-Geschichte in die Neuzeit, ins ausgehende 20. Jahrhundert und verknüpft sie mit den politischen Gegebenheiten und den Umwälzungen in den osteuropäischen Staaten. Zwei Dinge stehen im Mittelpunkt der Erzählung: Eine Suche nach der Wahrheit und eine Liebeserklärung an die verwunschene Atmosphäre der Länder Osteuropas. „Graf Draculas Osteuropa“ weiterlesen

Kafkaesk in Prag

Kafkaesk in Prag

Anfang 1996 arbeitete ich als Buchhändler und verkaufte Reiseführer. Beim Auspacken einer Kiste mit Novitäten fiel mir ein schmales Buch in die Hände, das eines meiner intensivsten Leseerlebnisse überhaupt auslöste. Der Titel lautete »Cafés in Prag« und machmal gibt es Momente, in denen man ganz plötzlich eine Eingebung hat oder eine plötzliche Idee, oder ein Plan glasklar vor dem inneren Auge erscheint. Das war ein solcher Moment. Einen Monat später kaufte ich eine Zugfahrkarte nach Prag und machte mich auf den Weg. „Kafkaesk in Prag“ weiterlesen

Wilder Westen unplugged

Wolfgang Büscher: Hartland

Ab und zu blättere ich im Globetrotter-Magazin. Es ist faszinierend, was es alles an Outdoor-Produkten gibt und wie viele ach so überlebenswichtige Dinge man unbedingt zum Wandern benötigt. Theoretisch. Man kann aber auch einfach seinen alten, abgewetzten Rucksack packen, loslaufen und dann monatelang ein Land erkunden. So hat es Wolfgang Büscher in den USA gemacht und er berichtet in seinem Buch »Hartland« eindrucksvoll darüber. Er ist der Fußgänger unter den Reiseschriftstellern. Nachdem er von Berlin nach Moskau gelaufen ist, dann einmal Deutschland komplett an den Grenzen entlang umwandert hat, war der USA-Trip sein nächstes großes Projekt. „Wilder Westen unplugged“ weiterlesen

Südamerikanische Zeitreise

Christopher Isherwood: Kondor und Kühe

Seit vielen Jahren habe ich ein Faible für Südamerika, für Historisches und für gut geschriebene Reiseberichte. Umso neugieriger war ich auf das Buch »Kondor und Kühe« von Christopher Isherwood. Der angloamerikanische Schriftsteller brach im September 1947 zusammen mit dem Photographen William Caskey zu einer mehrmonatigen Reise auf. Sie führte ihn durch Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Peru, Bolivien, Peru und Argentinien – quer über die Anden bis nach Buenos Aires. Herausgekommen ist dabei ein stilistisch brillant geschriebener Reisebericht, der erst jetzt, 2013, im wunderbaren Liebeskind Verlag auf deutsch erschienen ist. „Südamerikanische Zeitreise“ weiterlesen

Wo liegt Faserland?

Christian Kracht: Faserland

Wenn ich schaue, über welche Bücher ich bis jetzt geschrieben habe, dann scheinen die Neunziger Jahre bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen zu haben. Da kann ich hier gleich noch einen Titel nachlegen: »Faserland« von Christian Kracht ist 1995 erschienen. Das Buch war das erste des Autors und der Protoyp eines neuen Erzählstils, der Schule machen sollte. „Wo liegt Faserland?“ weiterlesen

Simone de Beauvoir in Melbourne

Simone de Beauvoir: Alle Menschen sind sterblich

Im März 1993 stand ich in einer Schlange vor einem Schalter des Hauptpostamts in Melbourne. Ich reiste gerade drei Monate durch Australien und wollte dort nach postlagernden Briefen für mich fragen. Heute, in Zeiten von Skype, WhatsApp oder Facetime mag das seltsam klingen, doch damals war es die normale Art und Weise, mit Freunden und Familie daheim in Verbindung zu bleiben, wenn man längere Zeit ohne bestimmtes Ziel unterwegs war. Das Schöne daran war, dass man so richtig weg und wenn man wollte, unerreichbar sein konnte. „Simone de Beauvoir in Melbourne“ weiterlesen

Roadmovie durch die Apokalypse

Cormac McCarthy: Die Strasse

Seit »All die schönen Pferde« und »No Country for Old Men« gehörte Cormac McCarthy für  mich sowie schon zu den ganz Großen der US-amerikanischen Gegenwartsliteratur. Dann habe ich »Die Straße« in die Hände bekommen. Ein unglaubliches Buch. 253 Seiten. Also eigentlich nicht dick, zwei Abende, höchstens. Ich habe eine Woche dafür gebraucht, der Text ist wie ein permanenter Faustschlag und ich musste immer wieder aufhören zu lesen, um mich davon zu erholen und die Handlung sacken zu lassen. „Roadmovie durch die Apokalypse“ weiterlesen