Das Buch »Der Fall Neruda« von Roberto Ampuero war ein Zufallstreffer. Mir hat das Buchcover gefallen, das Buch fühlte sich irgendwie gut an und da habe ich es gekauft. Bei solchen Spontankäufen bin ich auch schon enttäuscht worden, aber diesmal wurde ich mit einer spannenden Geschichte und der Entdeckung eins bis dahin mir unbekannten Autors belohnt.
1972 stehen in Chile die Zeichen auf Sturm. Das sozialistische Experiment des einstigen Hoffnungsträgers Präsident Allende steht kurz vor dem Scheitern, der Rückhalt im Volk schwindet, die Gewerkschaften streiken und das Militär rüstet sich zum Putsch. Vor diesem politischen Hintergrund beginnt die Handlung. Der große Dichter Pablo Neruda, Nobelpreisträger, Kommunist und todkrank, lässt den Kubaner Cayetano Brulé zu sich kommen. Brulé ist vor Jahren in Chile gestrandet und schlägt sich mit Gelegenheitsjobs durch, während seine Frau aktiv in der Politik mitmischt und davon träumt, ein sozialistisches Paradies mit aufzubauen. Sie verschafft ihm auch den Kontakt zu Neruda, der ihn mit einer diskreten Rechercheaufgabe beauftragt. Er soll einen Mann finden, Kubaner wie er selbst.
Die Suche führt ihn nach Mexiko-Stadt, nach Havanna, später in die DDR und nach Ost-Berlin. Schnell wird ihm klar, dass der gesuchte Mann nur das erste Puzzle-Teil ist und es in Wirklichkeit um die Suche nach einer ganz anderen Person geht. Als er endlich das ganze Bild vor sich sieht, überstürzen sich die Ereignisse, bevor er Neruda über das Resultat informieren kann: Der Militärputsch General Pinochets verändert Chile dramatisch. Die Ereignisse sind bekannt, Präsident Allende erschießt sich und Pablo Neruda wird vom gefeierten Nobelpreisträger zur unerwünschten Person. Cayetano Brulé versucht in dem herrschenden Chaos Neruda zu finden, der unter Bewachung in einem Krankenhaus untergebracht ist. Dann kommt es zur letzten Begegnung.
In dem Buch wird eine längst vergangene Welt wieder lebendig. Eine Welt voller Utopien, an die viele Menschen glaubten, enttäuschten Hoffnungen, gewaltsamen Umstürzen und verfeindeten Ideologien. Daneben erfährt man viel über Pablo Neruda, einen der berühmtesten Dichter des 20. Jahrhunderts und über Chile, ein Land im Umbruch. Neruda war 1973, zur Zeit des Putsches, zwar bereits an Krebs erkrankt und ist offiziell an Herzversagen gestorben. Die Gerüchte, dass Neruda im Krankenhaus von den Militärs ermordet wurde, sind aber bis heute nie verstummt, zumal die Krankenakten nicht mehr auffindbar sind. Erst vor wenigen Wochen wurde damit begonnen, seine sterblichen Überreste toxikologisch zu untersuchen und es bleibt abzuwarten, was dabei herauskommen wird. Dieser reale Hintergrund gibt dem Roman eine zusätzliche brisante Note, aber auch ohne diese ist er absolut lesenswert. Und ganz sicher nicht mein letztes Buch dieses chilenischen Autors.
Buchinformation
Roberto Ampuero, Der Fall Neruda
Aus dem Spanischen von Carsten Regling
Berliner Taschenbuch Verlag
ISBN 978-3-8333-0746-1
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Das klingt absolut lesenswert, zumal ich Neruda mag, danke!
Dann bin ich gespannt, wie das Buch ankommt. Bei dem Autor gehen die Meinungen bisher etwas auseinander. Ich finde ihn sehr lesenswert, aber das ist natürlich immer rein subjektiv…