Leipzig, im Herbst

Andreas Platthaus: 1813 - Die Voelkerschlacht von Leipzig und das Ende der alten Welt

Schon wieder Leipzig. Diese Stadt erwähne ich oft, dabei habe ich dort nur vier Jahre gelebt. Aber in dieser Zeit ist sie mir ans Herz gewachsen, bis heute. Damals wohnte ich eine Weile im Stadtteil Stötteritz in einem unsanierten Altbau. Der schönste Platz in der Wohnung war der verglaste Balkon. Direkt davor, nur ein paar hundert Meter entfernt, thronte das Völkerschlachtdenkmal wie ein gewaltiger Steinklotz über den Dächern der Stadt. Ich saß dort oft mit einem Milchkaffee und schaute auf diese Szenerie.

Als geschichtlich Interessierter wusste ich, was es mit der Völkerschlacht auf sich hatte, habe mir aber bis vor Kurzem keine weiteren Gedanken über die damaligen Ereignisse gemacht. Mit dem Buch »1813« von Andreas Platthaus hat sich das geändert. »Die Völkerschlacht und das Ende der alten Welt« lautet der Untertitel: Wie wichtig für den Lauf der europäischen Geschichte die Geschehnisse waren, die sich vor exakt 200 Jahren um und in Leipzig abspielten, ist mir durch dieses Buch klar geworden. „Leipzig, im Herbst“ weiterlesen

Der Dostojewskij-Relaunch

Fjodor M. Dostojewskij: Verbrechen und Strafe

Einmal, ein einziges Mal habe ich auf einer Buchmesse ein Buch gestohlen. Es war in Leipzig im Jahr 1998, dürfte also inzwischen verjährt sein. Außerdem geschah es eigentlich aus Versehen: Ich blätterte darin an einem Verlagsstand, völlig versunken. Der Stand, ohnehin nicht groß, wurde immer voller und ich wurde von den Menschenmassen hinaus gedrängt, immer noch lesend, ohne es richtig zu merken. Völlig gedankenverloren klappte ich das Buch irgendwann zu und steckte es ein. Später merkte ich, was passiert war und dann war es mir zu peinlich, an den Stand zurückzugehen. Das Buch war »Verbrechen und Strafe« von Fjodor Dostojewskij. Irgendwie passend. „Der Dostojewskij-Relaunch“ weiterlesen

Leipziger Träumerei

Clemens Meyer: Als wir traeumten

Als sich 1990 die DDR einfach in Luft auflöste, blieben als Vermächtnis des real existierenden Sozialismus ganze Ruinenfelder einst prächtiger Städte und zahllose Menschen mit ungewissen Zukunftsaussichten zurück. An manchen Orten, wie etwa in den Leipziger Stadtteilen Volkmarsdorf, Reudnitz oder Stötteritz sah es aus wie kurz nach dem Krieg: Zerbröselnde Hausfassaden, Risse in den Wänden, kaputte Straßen, alles Grau in Grau und darüber der Geruch der Braunkohleöfen, mit denen ein Großteil der Leipziger Wohnungen geheizt wurde. Dazu das Rattern der 40 Jahre alten Straßenbahnen aus tschechischer Produktion, die damals für den gesamten Ostblock gefertigt worden waren. Das 2006 erschienene Buch »Als wir träumten« von Clemens Meyer ist die Geschichte von vier Freunden, die im Leipzig der Nachwendezeit als junge Erwachsene genau dort zu Hause sind. „Leipziger Träumerei“ weiterlesen