Die Lagune weint um ihre Stadt

Isabelle Autissier: Acqua Alta

Zwei Mal in meinem Leben war ich bisher in Venedig: Im Februar 1997 für einen Tag und im Oktober 2003 fast eine ganze Woche lang. Wie so viele andere Menschen hat auch mich diese Stadt bezaubert – mit ihrer Einzigartigkeit, mit ihrer geschichtsträchtigen Atmosphäre, mit ihrem maroden Charme, mit ihren Nebelschwaden, von denen sie regelmäßig eingehüllt wird und mit ihrer ganz besonderen nächtlichen Stimmung, die schon ans Mystische grenzt. Und trotz aller Touristenmassen hinterlässt sie Bilder im Kopf, die mich seitdem begleiten. Dabei ist die Schönheit Venedigs fragil: Das die Lagunenstadt umgebende, äußerst empfindliche Ökosystem ist durch Industrie und menschliche Gier aus dem Gleichgewicht geraten, während der alles niedertrampelnde Massentourismus Venedig mehr und mehr zu einem Freilichtmuseum verkommen lässt – die Photos der alles überragenden Kreuzfahrtschiffe sind schrecklich anzusehen. Im Roman »Acqua Alta« von Isabelle Autissier geht es um all dies. Die Autorin erzählt die Geschichte einer Familie, die aufs Engste mit Venedig verbunden ist. Mit der stolzen Vergangenheit der Stadt – und mit ihrem Untergang. „Die Lagune weint um ihre Stadt“ weiterlesen

Unsere Welt. Nur anders

Omar El Akkad: American War

Natürlich war mir das Buch mit dem düsteren Cover und dem einprägsamen Titel schon in einer der Buchhandlungen meines Vertrauens aufgefallen. Doch spätestens nach der mitreißenden Besprechung im Blog masuko13 war klar, dass ich an dem Roman »American War« von Omar El Akkad auf keinen Fall vorbeikommen würde. Und es hat sich gelohnt, denn diese finstere Geschichte wird für eine lange Zeit im Gedächtnis bleiben.

Um was geht es? Der Titel sagt es schon, um einen amerikanischen Krieg. Genauer: Um den zweiten amerikanischen Bürgerkrieg, der zwischen den Jahren 2074 und 2095 stattgefunden hat und über den rückblickend berichtet wird. Um eine Welt in Auflösung; die letzten zwei Sätze des Prologs fassen das gesamte Buch zusammen: »Dies ist keine Geschichte über den Krieg. Es ist eine Geschichte über Zerstörung.« Und zerstört wird im Laufe der Handlung nicht nur das Land, nicht nur die Städte, nicht nur Straßen und Brücken und Bahnlinien. Zerstört werden die Menschen, auch wenn sie nicht ihr Leben im Krieg verlieren. Zerstört wird alles, was das menschliche Miteinander ausmacht. „Unsere Welt. Nur anders“ weiterlesen