Derbe Zärtlichkeit

Sven Heuchert: Koenige von Nichts

Kann man objektiv über ein Buch urteilen, wenn ein Zitat von einem selbst auf der Rückseite steht? Wenn man mit dem Autor zwei-, dreimal im Jahr ein Bier trinken geht und über das Schreiben, die Literatur und Gott und Welt quatscht? Das waren die Gedanken, als ich Sven Heucherts »Könige von Nichts« aufschlug, ein Band mit vierzehn Short Stories. Allerdings waren sie schnell vergessen, diese Gedanken, denn die Geschichten haben es in sich.

Nach einem Roman ist dies Heucherts zweites Buch mit Erzählungen, kurz und knapp, ganz in der Tradition der amerikanischen Short Stories eben. Schon das erste beinhaltete Miniaturen der Hoffnungslosigkeit, die eine Alltagstristesse schilderten, die manchmal schwer zu ertragen war. Aber geschrieben mit einer erzählerischen Eleganz, welche die Kunst des Weglassens zelebriert. Kein Wort zu viel, keines zu wenig. Mit dem neuen Band „Könige von Nichts“ ist dem Autor ein würdiger Nachfolger gelungen. „Derbe Zärtlichkeit“ weiterlesen

Wohin geht die Reise?

Rolf Lappert: Ueber den Winter

Wenn ich ein symbolisches Bild für den Begriff Familie finden müsste, würde ich an ein Planetensystem, an eine Galaxie denken. Jeder Planet steht alleine für sich, alle kreisen sie um ein Zentrum, sie ziehen sich an und sie stoßen sich ab, aber keiner kann ohne den anderen sein. Ein geschlossenes System, das man nur verlassen könnte mit einem radikalen Abbruch aller Beziehungen, einem Ausbruch ohne Wiederkehr. Hält man sich lediglich bedeckt, bleibt man trotzdem Teil des Ganzen, ob man will oder nicht. Und kann durch besondere Umstände jederzeit wieder mitten hinein in das Planetensystem gezogen werden. So geht es Lennard Salm, dem Protagonisten des Romans »Über den Winter« von Rolf Lappert. „Wohin geht die Reise?“ weiterlesen